Sein Tablet ist immer angeschlossen: An den Solarstrom und ans Internet, über eine eigens installierte Richtfunk-Antenne auf dem Dach. Der 81-jährige Mauro Morandi hat keinerlei Berührungsängste mit Touchscreen und Wischeffekten, mit Facebook- oder Instagram-Stories.
Meine Stimme ist kräftig, aber sie reicht nicht über das Meer. Dank Internet aber kann ich sie in die ganze Welt tragen.
Die ersten Schritte auf Social Media habe er mithilfe einer Siebenjährigen gemacht, erzählt der selbst ernannte Einsiedler. «Das Mädchen kam per Segelboot mit seinen Eltern. Schritt für Schritt hat es mir erklärt, wie die Applikationen funktionieren – intuitiv und klar, besser als jeder Erwachsene!» Und er sagt: «Meine Stimme ist kräftig, aber sie reicht nicht über das Meer. Dank Internet aber kann ich sie in die ganze Welt tragen.»
Sardischer Robinson Crusoe am rosafarbenen Strand
Seit 31 Jahren lebt Mauro Morandi auf der Insel Budelli, die als Teil des Nationalparks La Maddalena zwischen Sardinien und Korsika unter Naturschutz steht. Berühmt ist Budelli vor allem wegen des durch Korallen rosa gefärbten Strandes «Spiaggia Rosa» – einer der schönsten Strände im Mittelmeer.
Die Lebensgeschichte des 81-Jährigen kennt man in Italien spätestens seit seinem Buch «La Poltrona di Ginepro», was auf Deutsch so viel heisst wie: Der Wacholder-Sessel. Im Buch erzählt Morandi, wie er Ende der 1980er-Jahre als Aussteiger eigentlich in die Südsee wollte. Seine Reise fand aber im Insel-Archipel La Maddalena ein schnelles Ende.
Dort sieht sich der 81-Jährige nun als Hüter eines Naturparadieses, das jeden Sommer durch den Ausflugstourismus bedroht ist. Eigentlich wäre der Nationalpark für den Schutz zuständig. Doch der sorgt sich mehr darum, bei den vielen Jachten im Insel-Archipel die Ankergebühren einzufordern. Um die «Spiaggia Rosa» aber kümmert sich in erster Linie Mauro Morandi.
Von seiner Hütte in Sichtweite zum Strand muss er mehrmals am Tag ungebetene Gäste vertreiben, die ungeachtet der Absperrungen den Strand betreten. Der ist eigentlich schon seit 1994 geschützt – nachdem Touristen den rosafarbenen Sand kübelweise als Souvenir mitgehen liessen.
60'000 Follower auf Facebook
Jetzt will der Nationalpark, dass Mauro Morandi die Insel verlässt. Der Einsiedler habe seit Jahren kein Aufenthaltsrecht mehr, seitdem die Insel von Privatbesitz in die öffentliche Hand gewechselt ist, heisst es. Wenn ihm jetzt etwas zustossen sollte, wäre der Park verantwortlich. Anstelle von Mauro Morandis Hütte soll ein Besucherzentrum entstehen.
Dagegen wehrt sich der 81-Jährige nun via Internet: Seinem Facebook-Account @maurodabudelli folgen fast 60'000 Menschen, zudem hat Morandi eine Petition initiiert. Diese soll für ihn eine Ausnahmegenehmigung bei der Regierung in Rom erwirken.
Bei so viel öffentlicher Popularität hat es der Nationalpark zunehmend schwer, gegen Mauro Morandi vorzugehen. Statt ihn von der Insel zu vertreiben, sollten sie ihn lieber als «Influencer» proaktiv für das Naturparadies Budelli nutzen. Das fordern all jene, welche die Lebensgeschichte und der Einsatz des Einsiedlers berührt.