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Kamelrennen in Jordanien Wenn der Roboter-Reiter das Kamel antreibt

Herbst ist die Zeit der Kamelrennen in der jordanischen Wüste. Ein Schauspiel voller Adrenalin, Staub und Sand.

Dutzende Pick-Ups rasen dicht hinter- und nebeneinander durch die jordanische Wüste von Wadi Rum: Sie verfolgen die Kamele, die auf der Rennbahn um den Sieg kämpfen. Ein Chor aus Hupen, Jubel und Schreien begleitet den Konvoi.

Fans.
Legende: Von Pick-Up-Trucks aus können die Fans die Rennen hautnah miterleben – was nicht ganz ungefährlich ist. SRF/Anita Bünter/Jonas Bischoff

Immer im Herbst treffen sich die Beduinen, um ihre Kamele im Wettkampf gegeneinander antreten zu lassen. Ein Anlass, der auch internationales Publikum und Teilnehmer anlockt.

Roboter statt Kinder

Ibrahim Owaidah Al-Blewi ist mit seinen Kamelen eigens aus Saudi-Arabien angereist, um am Rennen teilzunehmen. „Das ist unser traditioneller Sport“, sagt er und fügt an: „Die Kamelrennen machen uns Araber stolz.“ Man glaubt es ihm aufs Wort.

Doch auch in der Wüste hält die Moderne Einzug: Auf den Rücken der Kamele sitzen bei den meisten Rennen keine Menschen mehr – sondern Roboter. Sie treiben die Tiere mit einer Peitsche an, ferngesteuert von den Kamel-Besitzern, die mit dem Auto während des Rennens neben den Kamelen her rasen. Der Umgang mit den Tieren ist nicht gerade zimperlich. Mittels Walkie-Talkies, die auf dem Rücken befestigt sind, rufen die Beduinen den Kamelen Anweisungen zu, damit sie schneller rennen.

Kamelroboter.
Legende: Die Roboter haben eine eingebaute Peitsche, um das Kamel zu Höchstleistungen anzureiben. Früher haben Kinder die Kamele geritten. SRF/Anita Bünter/Jonas Bischoff

Früher waren es Kinder, welche die Kamele reiten mussten – wegen ihres geringen Gewichts. Doch immer wieder kam es dabei zu schlimmen Unfällen. Deshalb wurden sie durch die Roboter-Reiter ersetzt.

Spezialnahrung für Rennkamele

Doch an einigen ausgewählten Rennen sitzen nach wie vor Menschen auf den Kamelen – allerdings Erwachsene: Der 18-jährige Salim Mohammad Al Zalabya tritt heute mit dem Kamel Shahin an. Vor dem Start befestigen Teammitglieder ein Funkgerät auf seiner Brust – damit sie während des Rennens mit ihm kommunizieren können. Nervös sei er nicht, sagt Salim. „Wenn Gott will, werde ich unter die ersten drei kommen.“

Beautykamele.
Legende: Im Kamel-Schönheitswettbewerb. werden spezielle dekorierte und bemalte «Beauty-Kamele» von einer Jury bewertet. SRF/Anita Bünter/Jonas Bischoff

Wichtig für ein erfolgreiches Rennkamel ist nicht nur das Training, sondern auch die Fütterung. Neben Vitaminen geben die Züchter den Tieren Nahrung, die man so nicht einfach in der Wüste findet. „Wir geben ihnen spezielles Essen, etwa Heu“, erzählt Salims Onkel Sabah Mohammad Ali, während er bei den letzten Vorbereitungen hilft.

Rennen.
Legende: Schlechte Sicht: Bei den Rennen wird viel Staub aufgewirbelt. Immer wieder kommt es deshalb zu Auffahrunfällen. SRF/Anita Bünter/Jonas Bischoff

Dann geht es los. Rund ein Dutzend Kamele rasen los – und sofort setzt sich auch der Autokonvoi in Bewegung. Sechs Kilometer lang ist die Rennstrecke. Die vielen Autos wirbeln Unmengen von Wüstenstaub auf, die Sicht ist schlecht. In der Vergangenheit ist es deswegen auch schon zu Autounfällen gekommen.

Schönheitswettbewerb für Kamele

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Neben den Rennen findet im Wadi Rum auch ein Kamel-Schönheitswettbewerb statt. Dafür werden die Tiere mit Henna-Farbe bemalt und mit traditionellen Sätteln dekoriert – und dann den Preisrichtern vorgeführt. Neben dem Aussehen zählt auch wie gut ein Kamel dressiert ist. Schönheitswettbewerbe für Kamele machen immer wieder Schlagzeilen: In Saudi-Arabien wurden etwa schon Dutzende Kamele wegen Botox-Injektionen disqualifiziert. Solche Behandlungen gebe es beim Wettbewerb im Wadi Rum aber nicht, sagen Beduinen gegenüber SRF.

Die Kamelrennen werden live im Fernsehen übertragen – inklusive arabischem Live-Kommentar ohne Punkt und Komma. Und auch ein Public Viewing gibt es in der Wüste: Beduinen in traditioneller Kleidung – mit langem Gewand und traditioneller Kopfbedeckung – schauen sich dort die Rennen an. Eine Männerwelt.

Public Viewing.
Legende: Die Rennen werden im Fernsehen gezeigt und vor Ort auf Grossleinwände übertragen – inklusive arabischem Sport-Kommentar. SRF/Anita Bünter/Jonas Bischoff

Wertvolle Rennkamele

Der 18-jährige Reiter Salim hat sein Kamel nach vorne gepeitscht. «Die Gruppe ist im Anmarsch», ruft der Kommentator ins Mikrofon, während sich die Kamele, der Auto-Konvoi und mit ihnen eine riesige Staubwolke dem Ziel nähern. Salim schafft es als Dritter über die Ziellinie. Damit gewinnen er und sein Team umgerechnet 800 Franken. Mehr als manch ein Monatslohn in Jordanien.

Rennen mit Kamel.
Legende: Einzelne Rennen finden auch mit Reiter statt: Der 18-jährige Reiter Salim holt mit dem Kamel Shahin den dritten Platz. SRF/Anita Bünter/Jonas Bischoff

Die bestplatzierten Kamele werden nach den Rennen oft verkauft. Reiche Golfaraber blättern für ein erfolgreiches Rennkamel gerne bis zu 30'000 Franken hin – in der Hoffnung damit beim nächsten Rennen ganz an die Spitze zu kommen.

Wadi Rum: weltbekannte Wüste

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Die Wüste Wadi Rum liegt im Süden Jordaniens, nahe der Grenze zu Saudi-Arabien. Die riesigen Felsformationen mitten im Sand sind eine der Haupttouristenattraktionen Jordaniens. Seit 2011 gehört die Wüste zum UNESCO-Welterbe. International bekannt wurde das Wadi Rum durch das Buch «Die sieben Säulen der Weisheit» von Thomas E. Lawrence. Der britische Offizier war zu Beginn des 20. Jahrhunderts in die arabische Revolte gegen das Osmanische Reich involviert. Sein Leben wurde im Film «Lawrence of Arabia» verfilmt. Auch heute noch werden immer wieder Filme im Wadi Rum gedreht: Die Wüstenlandschaft diente schon als Kulisse für «Red Planet» oder «Star Wars».

10vor10, 13.11.2025, 21:50 Uhr;weds

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