Das Porträt von Papst Franziskus ist mit weissen Rosen dekoriert. Die Kirchenbänke sind bis auf den letzten Platz besetzt. Die Klimaanlage und Ventilatoren laufen auf Hochtouren. Es ist eine besondere Messe in der Kirche der päpstlichen Universität San Tomas in Manila: Die Messe ist Papst Franziskus gewidmet.
In der Predigt fällt mehrmals der Name «Lolo Kiko» – es ist der Spitzname des Papstes in den Philippinen, Lolo bedeutet Grossvater und Kiko ist die Abkürzung von Franziskus.
Vor rund zehn Jahren war Franziskus in den Philippinen zu Besuch – und auch an der päpstlichen Universität. Professorin Lilian Sison, zuständig für die internationalen Beziehungen der Universität, erinnert sich. «Wenn man vor ihm stand, spürte man seine Wärme und Sanftheit.» Die Beliebtheit von Papst Franziskus in den Philippinen erklärt sie sich so: «Er hatte ein Herz für die Armen, die Marginalisierten. Er war mit den Menschen eng verbunden, und die Menschen liebten ihn dafür. Wahrscheinlich wird er deshalb Papst des Volkes genannt.»
Nach Franziskus’ Tod wurden die Gebäude der Universität zur Trauer violett angestrahlt – im Hauptgebäude der Universität stehen die Menschen vor einem Kondolenzbuch Schlange. So auch Studentin Rochelle Lanuza: «Er hat uns – besonders die Jugend – näher zu Gott gebracht. Er war eine Brücke, fast wie ein Jesus auf der Erde. Ich vermisse ihn sehr.»
Der Besuch in den Philippinen wurde dem Papst von den Menschen hier hoch angerechnet, fand er doch rund ein Jahr nach dem verheerenden Taifun statt. Allerdings kam es dann beim grossen Gottesdienst zur Tragödie – ein Stahlgerüst brach zusammen, dabei kam eine junge Frau ums Leben.
Paul Padasas, der Vater der verunglückten Frau, lebt in einem Vorort von Manila. Christel war damals 27-Jahre alt und sein einziges Kind. Nach dem Unglück kam es zu einem Zusammentreffen mit Papst Franziskus. «Er hielt meine Hand und ich senkte meinen Kopf und schloss die Augen. Als er für mich betete, war es, als würde Strom durch meinen Körper fliessen. Ich flüsterte, Gott, das muss der Heilige Geist sein, der durch meinen Körper geht.»
Das Treffen mit dem Papst hilft Paul Padasas den Tod seines Kindes zu verarbeiten. Jetzt, da der Papst auch gestorben sei, sagt er, seien die beiden vereint: «Ich ging zum Altar, wo das Foto meiner Tochter steht. Ich sagte zu ihr, Papst Franziskus wurde vom Herrn zu sich genommen. Heisse ihn in Gottes Reich willkommen.»
Beim Papst-Treffen dabei war auch Kardinal Luis Antonio Tagle, der damalige Erzbischof von Manila. Padasas sagt, «Er ist ebenfalls bescheiden. Auch er spricht sanft und er meint, was er sagt. Hoffentlich wird er unser nächster Papst.»
Kardinal Tagle ist in den Philippinen sehr beliebt. Er gilt, wie Papst Franziskus als charismatisch und als jemand, der sich um die Armen und Benachteiligten kümmert. Und er galt als Vertrauter von Papst Franziskus. Ideologisch würde er dessen Linie wohl weiterführen. Schon bei der letzten Papstwahl wurde Tagle als aussichtsreicher Kandidat gehandelt. Damals war er wahrscheinlich noch zu jung für das Amt. Paul Padasas sagt, nicht nur die Filipinos würden stolz sein auf «ihren» Papst. Sondern ganz Asien. Mit Tagle hätte die katholische Kirche nämlich auch ihren ersten asiatischen Papst.