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Kehrtwende von Merkel Osterpanik in Berlin

Bundeskanzlerin Merkels Entschuldigung hat Grösse. Sie ist die erste und bislang einzige Politikerin, die sich ohne Wenn und Aber für Fehler entschuldigt hat. Bislang waren höchstens halbherzige Eingeständnisse für Fehler in der ersten Pandemiewelle zu hören gewesen, nicht aber für die viel entscheidenderen Versäumnisse seit letztem Oktober. Merkels Entschuldigung nimmt Druck von der Bundesregierung, insbesondere den Unionsparteien, die am stärksten in der Kritik stehen.

«Deutschland kann nicht Krise»

Die Begründung für das Einkassieren der Beschlüsse vom Montag gibt aber zu denken. Sie hat nichts mit Corona zu tun, sondern damit, dass die Massnahmen rechtlich kaum umsetzbar gewesen wären, wie die Kanzlerin ausführte. Sprich: Wer bezahlt die Feiertagszuschläge, wie wird die Lohnfortzahlung geregelt, wie sollen Hartz-IV-Empfänger einkaufen, wenn sie erst Ende des Monats ihre Sozialunterstützung ausbezahlt erhalten, am 1. April aber die Geschäfte geschlossen sein sollen? Und so weiter.

Es ist also die alltägliche, deutsche Friedensbürokratie, die den Shutdown verunmöglicht hat. Bezeichnenderweise seufzte unlängst der Chef des Berliner Büros des ZDF resigniert zur besten Sendezeit: «Vielleicht kann Deutschland nicht Krise».

Impfen und Schnelltesten funktioniert in weiten Teilen auch im Frühling 2021 noch viel zu wenig.

Umso mehr kann man sich fragen, was die sogenannte «Osterruhe» epidemiologisch gebracht hätte. Die Inzidenzwerte wären kurzfristig gesunken, aber der Erfolg wäre nach so wenigen Tagen nicht nachhaltig und rasch aufgebraucht gewesen. Und vor allem ist Deutschland im Moment noch nicht in der Lage, den Zeitgewinn durch einen Shutdown zu nutzen: Impfen und Schnelltesten funktioniert in weiten Teilen auch im Frühling 2021 noch viel zu wenig.

Will Söder noch?

Merkels Entschuldigung hat Grösse, ist aber auch ein Zeichen der Hilflosigkeit. Und auch unter den Ministerpräsidenten sind Anflüge von Panik auszumachen. Vor allem die Unionsparteien werden in den Umfragen weiter fallen. Weil Merkels Eingeständnis gut ankam, entschuldigen sich nun plötzlich reihenweise führende Politiker.

Was heisst das für die Kanzlerkandidatur von CDU und CSU? Grundsätzlich gilt: Je mehr Krise, desto bessere Chancen hat im Prinzip der bayerische Ministerpräsident Markus Söder, denn seine kleinere CSU kommt nur in Ausnahmefällen bei der Kanzlerkandidatur zum Zug. Markus Söder will aber nur antreten, wenn er auch gute Chancen auf einen Sieg hat. Wenn die Union in den Umfragen weiter abstürzt, könnte er versucht sein, die Kandidatur grossmütig dem CDU-Chef Armin Laschet zu überlassen.

Rendez-vous, 24.03.2021, 12.30 Uhr

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