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Kehrtwende von Washington Beziehungsstatus der USA und der Unesco: Es ist kompliziert

Die Unesco gilt als sogenannte technische Organisation der UNO, genauso wie die internationale Zivilluftfahrtbehörde, das Welternährungsprogramm oder der Weltpostverein. Doch die Themen, um die sich die Unesco kümmert, also Bildung, Wissenschaft und Kultur, sind alles andere als technisch. Vielmehr sind sie hochpolitisch und deshalb häufig auch ideologisch befrachtet.

Zwei Austritte – unterschiedliche Gründe

Es war denn auch ein ideologischer Streit, der dazu führte, dass die USA 1984 unter Präsident Ronald Reagan zum ersten Mal der Unesco den Rücken kehrten, gefolgt von Grossbritannien. Es ging damals darum, dass die damalige Sowjetunion – und im Schlepptau zahlreiche autokratisch regierte Entwicklungsländer – in der Unesco eine Weltinformationsordnung durchdrücken wollten, die de facto eine Weltzensurordnung gewesen wäre. Statt die Medienfreiheit hochzuhalten, hätte sie den staatlichen Einfluss auf die Medien vergrössert. Erst 2003 kehrte Washington zurück in die Unesco.

2017 kündigte dann der damalige US-Präsident Donald Trump den neuerlichen Austritt an. Der Grund war diesmal die – aus Washingtoner Sicht – konsequent antiisraelische Haltung der Unesco. Das Verhältnis war schon länger zerrüttet, weil die Unesco Palästina 2011 als Vollmitglied aufgenommen hatte. Daraufhin stellten die USA unter Präsident Barack Obama ihre Zahlungen ein, die satte 22 Prozent des Unesco-Haushalts ausmachten.

Diesen Juni entschlossen sich die USA nun zur erneuten Rückkehr. Der Grund ist klar: Wer abseits steht, verliert an Einfluss. Das ist für eine Führungsmacht besonders schmerzvoll, wenn, wie gerade jetzt in der Unesco, wichtige Weichen gestellt werden, etwa zu internationalen Regeln für die künstliche Intelligenz. Und wenn ein mächtiges Land geht, profitieren seine Rivalen.

Gegenwind aus Peking und Moskau

Allen voran China, das die geltende Weltordnung zu seinen Gunsten umkrempeln will, nicht zuletzt, indem es eine oder gar die Schlüsselrolle in der gesamten UNO anstrebt. China ist entsprechend gar nicht glücklich über die Rückkehr der USA in die Unesco und versuchte, sie zu verhindern. Man könne nicht einfach kommen und gehen, wie man wolle, erklärte ein Regierungssprecher.

Kräftige Schützenhilfe erhielt Peking von Moskau. Doch am Ende votierten jetzt in einer ausserordentlichen Generalkonferenz bloss zehn Länder gegen die Rückkehr der USA in den Schoss der Unesco: neben China und Russland andere Diktaturen wie Nordkorea, Syrien oder der Iran. 132 Staaten stimmten für die USA.

Türenknallende Austritte bewirken nichts

Die USA verpflichten sich, ausstehende Mitgliedsbeiträge in Höhe von 619 Millionen Dollar nachzuzahlen. Die Unesco wird daher finanziell, aber auch politisch gestärkt, wenn die Supermacht USA wieder dabei ist. Eine Stärkung erfährt zugleich das freiheitlich-demokratische Lager in dieser wichtigen UNO-Organisation. Es kam während der US-Absenz häufig unter Druck. Genauso wie im UNO-Menschenrechtsrat, den die USA unter Donald Trumps Präsidentschaft vorübergehend ebenfalls verlassen hatten.

Die aktuelle US-Führung hat erkannt: Türenknallende Austritte aus UNO-Organisationen bewirken nichts. Im Gegenteil: Sie schwächen die Supermacht zusätzlich in einer Zeit, da ihre Dominanz ohnehin bröckelt.

Fredy Gsteiger

Diplomatischer Korrespondent

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Fredy Gsteiger ist diplomatischer Korrespondent und stellvertretender Chefredaktor bei Radio SRF. Vor seiner Radiotätigkeit war er Auslandredaktor beim «St. Galler Tagblatt», Nahost-Redaktor und Paris-Korrespondent der «Zeit» sowie Chefredaktor der «Weltwoche».

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Rendez-vous, 03.07.2023, 12:30 Uhr

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