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Kein Soldat ist vergessen Späte Heimkehr der toten Kameraden

Soldatenfriedhöfe aus dem Zweiten Weltkrieg sind bedrückende Mahnmale für die Opfer des Krieges. Was aber geschieht, wenn die Toten auf den Schlachtfeldern liegen bleiben? Das US-Militär hat ein spezialisiertes Team von Experten, die ihre gefallenen Kameraden heimholen – auch Jahrzehnte später.

Es war im Zweiten Weltkrieg eine der blutigsten Schlachten im Pazifik: der Kampf um die Insel Guadalcanal auf den Salomonen. Kinogänger kennen die Grausamkeit der Auseinandersetzungen zwischen amerikanischen Soldaten und ihren japanischen Feinden aus dem Film «The Thin Red Line». Mitten im Pazifik lieferten sich die beiden Gegner ab August 1942 Gefechte – oftmals im Nahkampf, Mann gegen Mann.

Eine Person untersucht den Boden mit einem Hammer.
Legende: Auf den Schlachtfeldern der Welt sucht eine Spezialeinheit der US-Army jeden einzelnen Quadratmeter nach sterblichen Überresten ab. SRF/Urs Wälterlin

Auch in den Hügeln hinter der Hauptstadt Honiara. Wo heute ein Dorf mit einfachen Häusern, mit Gärten und Hühnern steht, ist der Boden von Blut getränkt. Hunderte Wehrkräfte starben – unter ihnen fünf US-Marinesoldaten. Nach ihnen sucht Captain Jonathan Hootnik. Er ist Kommandant einer Spezialeinheit der US-Army: «Ziel ist es, die Überreste dieser Soldaten zu finden, sie zu identifizieren und heimzubringen.» 81 Jahre nach ihrem Tod.

Akribische Detektivarbeit

Viel kann oder will Hootnik nicht sagen zum Schicksal der fünf Vermissten. Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes, wie er meint. Die US-Soldaten seien von ihren Kameraden nur behelfsmässig verscharrt worden, weil die Japaner wieder angriffen.

Kein Soldat bleibt auf dem Schlachtfeld – lebendig oder tot

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Es ist eines der Grundprinzipien der amerikanischen Streitkräfte: Nie werden Kameraden auf den Schlachtfeldern der Welt gelassen – lebendig oder tot. So investiert das Militär viel Geld, um in einstigen Konfliktzonen von Vietnam über Korea bis zum Pazifik jene gefallenen Soldaten heimzuholen, deren Körper in der Hitze des Gefechts zurückgelassen werden mussten.

Seit 1970 wurden die Überreste von fast 1000 im Zweiten Weltkrieg gefallenen amerikanischen Soldaten ihren Angehörigen übergeben, so offizielle Zahlen. Zusätzlich zu den 280'000 Toten, die direkt nach dem Krieg identifiziert worden sind. Ihre letzte Ruhestätte finden die meisten in ihre Heimat zurückgebrachten Soldaten auf einem Militärfriedhof. Fast alle Toten werden mit vollen militärischen Ehren bestattet.

Dem Moment, an dem Ausgrabungen beginnen können, geht manchmal eine Jahre dauernde akribische Detektivarbeit voraus. Historiker sammeln Hinweise und Informationen, befragen die lokale Bevölkerung und suchen die Schlachtfelder nach Zeichen längst von Vegetation überwucherter Gräber ab.

Hände drücken Erde durch ein im Rahmen eingespanntes Gitter-Sieb.
Legende: Die Erde der Schlachtfelder wird durch ein Sieb gedrückt, damit relevante Gegenstände oder sterbliche Überreste gefunden werden. SRF/Urs Wälterlin

Die Suche nach den Toten selbst ist harte Knochenarbeit. Unter glühender tropischer Sonne graben Soldaten mit Unterstützung bezahlter Dorfbewohnerinnen und -bewohner den Boden mit Schaufeln von Hand um, Zentimeter um Zentimeter. Sie suchen nach zerbrechlichen Knochenteilen, in der Regel die einzige Form von Überresten, die von einem Menschen nach so langer Zeit noch zu finden sind, wie Hootnik erklärt.

Jeder Eimer Erde werde durch ein von Hand bewegtes Sieb gelassen. Jedes liegen gebliebene Teil werde einzeln untersucht – von Hand, erklärt ein Soldat.

Falls die Überreste von einem früheren Feind stammen, überreichen wir sie den japanischen Behörden.
Autor: Jason Bush Archäologe

Manchmal hätten sie Glück, sagt der Archäologe Jason Bush. Etwa, wenn sie eine sogenannte Hundemarke – die Erkennungsmarke der Soldaten – finden: die Plakette mit dem Namen, die der Soldat um den Hals getragen hatte. «Oft entnehmen wir Material für eine DNA-Analyse. Um zu sehen, ob es sich bei den Toten auch wirklich um Amerikaner handelt. Falls die Überreste von einem früheren Feind stammen, überreichen wir sie den japanischen Behörden. Wenn ein toter amerikanischer Soldat identifiziert ist, nimmt die Armee Kontakt mit den Angehörigen auf», so Bush. 

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Legende: Die Schlachtfelder auf den Salomonen sind mit Blut getränkt. Hunderte Wehrkräfte starben im Zweiten Weltkrieg. SRF/ Urs Wälterlin

Und dann könne alles passieren. Tränen der Freude bei den Angehörigen oder Gleichgültigkeit. Manchmal wollten die Hinterbliebenen die Überreste gar nicht. Es ist eine Reaktion, die Bush persönlich nicht nachvollziehen kann. «Vielleicht hat die Familie ihren Trauerprozess einfach schon abgeschlossen», spekuliert er.

Echo der Zeit, 29.12.2023, 18:00 Uhr

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