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Keine Neuinfektionen in China «Die Zahlen stimmen vermutlich»

Zum ersten Mal seit dem Ausbruch des neuartigen Coronavirus zum Jahreswechsel hat China landesweit keine lokalen Neuinfektionen – also keine Ansteckung innerhalb Chinas – mehr gemeldet. Laut SRF-Wissenschaftsredaktorin Katrin Zöfel kann das durchaus stimmen.

Katrin Zöfel

Wissenschaftsjournalistin

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Katrin Zöfel ist Wissenschaftsredaktorin bei SRF. Sie ist Biologin und versucht zu verstehen, wie die Wissenschaft helfen kann, Antworten auf gesellschaftlich wichtige Fragen zu finden.

SRF News: Keine Neuinfektionen in China – wie glaubwürdig ist das?

Katrin Zöfel: Natürlich ist China ein Land, in dem man weiss, wie man Nachrichten unterdrückt. Wenn sie dort aber wirklich jetzt im Moment noch grobe Probleme hätten, also Verhältnisse wie noch vor einem Monat in Wuhan mit täglich einigen 1000 neuen Fällen, dann könnten sie das gar nicht verbergen. Die Zahlen stimmen vermutlich, zwar nicht zu 100 Prozent.

China hat dafür einen hohen Preis bezahlt. Aber es hat vorerst funktioniert.

Denn China bastelt am Narrativ: «Wir sind die Sieger über dieses Virus». Und vielleicht entwickelt sich irgendwo in China gerade ein neues Coronaproblem, das man erst in einer Weile sieht. Aber trotzdem bleibt das beeindruckend.

Kommt das für Sie überraschend?

Es wusste vorher niemand, ob das funktionieren kann, weil es das erste Mal war, dass ein Land versucht hat, ein Virus ohne Medikamente und ohne Impfstoff zu bekämpfen. Sie sind mit allen Kräften hineingegangen und haben mit im Grunde ganz banalen Massnahmen die Ausbreitung aufgehalten. Alle Experten waren anfangs sehr skeptisch, ob so eine Quarantäne für eine ganze Stadt funktionieren und vor allem auch wirken kann. China hat es einfach gemacht und hat dafür auch einen hohen Preis bezahlt. Aber es hat vorerst funktioniert.

Und wie geht es weiter?

Richtig spannend wird es jetzt, wenn sie in China die Massnahmen langsam lockern. Dann stellt sich die Frage, wie schnell und wie stark das Virus zurückkommt, Kommt man dann in eine Situation, die man dauerhaft im Griff haben kann, oder gerät das Ganze gleich wieder ausser Kontrolle?

Das Gespräch führte Simone Hulliger.

Impfstoff in einem halben Jahr?

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Für einen Impfstoff gegen das neue Coronavirus liegen bisher nur Tierversuchsdaten vor. Und es seien noch ein paar Hürden im Labor zu nehmen, sagt Martin Bachmann. Der Immunologe forscht seit dem 13. Januar am Inselspital Bern an einem Impfstoff. An dem Tag erhielt er die genetische Information, die Sequenz des neuen Coronavirus, aus China. Die Sequenz liefert ihm den Bauplan, um kleine Teile des Coronavirus nachzubauen. Diesen setzt er winzige Kugeln auf, sogenannte virusähnliche Partikel. Für das Immunsystem sieht es so aus, als wäre das Virus in den Körper eingedrungen. Und es entwickelt Antikörper, die für Immunität sorgen.

Bachmann rechnet mit mindestens sechs Monaten, bis er einen Impfstoffkandidaten hat, der in genügend grossen Mengen produziert werden kann. Dann müsse mit den Behörden ein Weg gefunden werden, wie die Prozesse abgekürzt werden könnten. «Denn sonst sind wir zu spät.» Klar ist aber auch: Es wird nicht nur in Bern mit Hochdruck an einem Impfstoff gearbeitet. Auch im deutschen Tübingen und im US-amerikanischen Seattle ist man daran.

Echo der Zeit, 19.03.2020, 18:00 Uhr ; 

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