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Kim trifft Putin «Russland möchte nicht, dass Nordkorea kollabiert»

Was ist vom Treffen zwischen dem Kremlchef und dem Diktator zu erwarten? Ein Gespräch mit SRF-Korrespondent David Nauer.

Zum ersten Mal treffen sich der russische Präsident Wladimir Putin und der nordkoreanische Machthaber Kim Jong-un zu einem persönlichen Gespräch. Russland hat wirtschaftliche Interessen, ist aber auch – wie die USA – an einer nuklearen Abrüstung des Nachbarlandes interessiert, wie SRF-Russlandkorrespondent David Nauer erklärt.

SRF News: Was will Putin mit dem Treffen mit Kim erreichen?

David Nauer: Ganz generell will Russland, dass Nordkorea sein Atomwaffenprogramm endgültig beendet. Die Interessen der Russen sind die gleichen wie diejenigen der USA und anderer Staaten. Zudem hat Russland eine gemeinsame Grenze mit Nordkorea und ist deswegen an der Stabilität des Regimes interessiert. Russland möchte nicht, dass Nordkorea kollabiert.

Das Handelsvolumen zwischen Nordkorea und Russland ist massiv geschrumpft.

Wird Putin seine Forderungen an Kim stellen, was das Atomprogramm betrifft?

Aussenpolitik ist in Russland nicht eine Sache, die sehr breit diskutiert wird. Ein Berater von Putin sagte, es werde um das Atomwaffenprogramm gehen. Insbesondere wünsche sich Russland, dass Nordkorea aufhöre, Raketen zu testen. Gleichzeitig möchte Russland die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Nordkorea verstärken. Russland geht es um die Ressourcen, vor allem um Mineralien.

Das Treffen zwischen US-Präsident Trump und Kim Jong-un endete ergebnislos. Versucht Putin, Trump zu übertrumpfen?

Klar will sich Putin als grosser Player auf der Weltbühne präsentieren. Geopolitische Ambitionen hat er genug, aber Putin ist auch realistisch. Wenn Kim den Russen irgendwelche Zugeständnisse machen würde, würde Washington sagen, das reiche nicht. Putin ist nur ein Nebenspieler, das ist er sich ganz bestimmt bewusst.

Russland ist einer der wenigen Verbündeten Nordkoreas. Aber diese Beziehung scheint nicht mehr ganz so eng zu sein wie auch schon. Ist das ein Handicap für das Treffen morgen zwischen Kim und Putin?

Die Beziehungen sind in der Tat nicht mehr so gut wie früher. Das Handelsvolumen ist massiv geschrumpft. 1990, in der Endphase der Sowjetunion, hatten die Sowjetunion und Nordkorea ein Handelsvolumen von 2,2 Milliarden US-Dollar. Jetzt sind es noch 34 Millionen, praktisch nichts. Trotzdem ist Russland einer der wenigen Verbündeten von Nordkorea. Das sieht man daran, dass Russland immer wieder Hilfsgüter liefert. Gerade wird diskutiert, ob Russland 50 Tonnen Weizen kostenlos liefern soll.

Als eines der ganz wenigen Länder hat Nordkorea die Annexion der Krim durch Russland anerkannt.

Es gibt auch Berichte, dass Russland die Sanktionen nicht einhalte und Kohle aus Nordkorea kauft und weiterverkauft. Die Russen bestreiten das. Russland gibt dem nordkoreanischen Regime zudem eine gewisse politische Anerkennung. In den letzten Jahren sind zahlreiche Verträge zwischen beiden Staaten unterschrieben worden, sogar ein Doppelbesteuerungsabkommen. Nordkorea hat sich auch erkenntlich gezeigt. Als eines der ganz wenigen Länder hat es die Annexion der Krim durch Russland anerkannt.

Trump und Kim zeigten freundschaftliche Gefühle füreinander, auch wenn das Treffen ergebnislos endete. Werden auch Putin und Kim Freunde?

Freundschaftliche Gefühle kann ich mir nicht vorstellen. Es ist nicht so, dass Putin jemanden sympathisch findet und sich mit ihm anfreundet. Die Freundschaften, die Putin mit Spitzenpolitikern schliesst, sind solche, die sich für ihn machtpolitisch lohnen. Mit Berlusconi aus Italien oder mit Schröder aus Deutschland, mit solchen Männern freundet sich ein Putin an. Aber mit einem asiatischen Diktator aus einer Diktatorendynastie, der zudem noch viel jünger ist? Ich denke nicht, dass eine Freundschaft mit Kim entsteht. Ich glaube auch nicht, dass Putin mit Kim als Freund assoziiert werden möchte.

Das Gespräch führte Susanne Stöckl.

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