Das gab es noch nie: Mit Leo XIV. steht zum ersten Mal in der Geschichte ein Papst aus den Vereinigten Staaten an der Spitze der katholischen Kirche. Er hat neben dem US-amerikanischen Pass auch den peruanischen.
Dass jetzt gleich zwei Amerikaner auf der grossen Bühne der Welt sind – US-Präsident Donald Trump und Papst Leo XIV. –, erstaunt Auslandredaktor Philipp Zahn: «Das ist von weltpolitischer Bedeutung: Ein Amerikaner als neuer Papst gleichzeitig in einer Zeit, wo ein US-Präsident die ganze Welt auf Trab hält, quasi alle Sicherheiten, die man bisher hatte, auf den Kopf gestellt hat.»
Was für eine Überraschung und welch grosse Ehre für unser Land.
Trump hat dem neuen Papst gratuliert: «Was für eine Überraschung und welch grosse Ehre für unser Land», schreibt der US-Präsident in den Sozialen Medien. Nun wolle er den Papst treffen, ein bedeutungsvoller Moment.
Gelegenheit für ein erstes Treffen wird Trump Mitte Mai bei der Einführungsmesse von Papst Leo XIV haben. Dort wird Trump neben Sergio Mattarella, dem italienischen Staatspräsidenten, in der ersten Reihe sitzen.
«Sicher ist, dass Trump diesen Moment nutzen möchte, auch in der eigenen Heimat. Denn es gibt ja so viele wichtige katholische Wähler, die ihn auch in sein Amt gewählt haben», so der Auslandredaktor.
Keine militärische Macht, dafür moralisches Kapital
Auch der Priester und Kirchenhistoriker an der Uni Münster, Hubert Wolf, ordnet die Wahl von Papst Leo XIV. ein und sagt: «Der Papst hat zwar keine militärische oder realpolitische Macht. Aber die ganze Welt schaut jetzt gerade auf diesen Mann. Er hat ein ungeheures moralisches Kapital.»
Papst Leo sei ein globaler Player und gut vernetzt, sagt Wolf. Denn der Vatikan betreibt Botschaften auf der ganzen Welt, und er kann den Mächtigen dieser Welt ins Gewissen reden.
Päpstlicher Einfluss am Konferenztisch
Wie viel Gewicht das Wort des Papstes hat, weiss der Politikwissenschaftler Jodok Troy, der sich mit Kirche und Politik bestens auskennt. «Je nach Situation und Persönlichkeit des Papstes kann es darum gehen, Meinungen am Konferenztisch zu beeinflussen: Beispielsweise, Öffentlichkeit und Bewusstsein zu schaffen, gerade in Bezug auf den Klimawandel oder auf Flüchtlinge», sagt Troy. Auch konkrete Vermittlungsbemühungen könne der Papst leisten, sei es auf der Ebene der Ortskirche oder in grösseren Konflikten.
Theoretisch könnte es zwar Trump und Putin egal sein, was der Papst denkt. In der Praxis sehe man aber, dass dem nicht so sei, erklärt der Politikwissenschaftler. Dies zeige beispielsweise, welche Gäste bei Papst Franziskus' Beerdigung dabei waren. «Alle wissen genau, dass am Ende Päpste ein diplomatisches Gewicht haben, obwohl sie keine tatsächliche politische Macht in einem materiellen Sinn haben.»
Der Papst kann damit zwar seine moralische Macht nutzen. Doch der Kirchenhistoriker Wolf ist überzeugt: «Wer die Stimme der Moral sein will, muss auch glaubwürdig sein.» Da habe die Kirche als Institution noch zu tun, sagt er: «Solange die Missbrauchsgeschichten in der katholischen Kirche nicht wirklich aufgeklärt sind, wird es schwierig, diese Glaubwürdigkeit tatsächlich zu haben.»