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Klimaschutz in Indien Modis leeres Klimaversprechen

Auf der globalen Bühne forciert Narendra Modi den Kampf gegen den Klimawandel. Doch wie ernst ist ihm wirklich damit?

Eine vierspurige Autobahnbrücke in einem Vorort der Wirtschaftsmetropole Mumbai. Rechts und links fällt der Blick auf ausgedehnte, grüne Mangrovenwälder. Sie sind von Meerwasser umspült. Doch das Paradies ist durch grosse Bauprojekte bedroht. Darunter leidet der Fischer und Umweltaktivist Nandakumar Pawar.

G20-Gipfel in Neu-Delhi

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Indien richtet am kommenden Wochenende ein Treffen der G20 aus. Zu den G20-Staaten gehören 19 Staaten und die EU. Sie repräsentieren die wichtigsten Industrie- und Schwellenländer. Die Schweiz gehört nicht zu den G20-Staaten.

Es sei sehr unglücklich, dass die Regierung Grossprojekte an der Küste plane. «Jedes dieser Projekte zerstört Mangroven, Fischgründe und Biodiversität – und richtet damit grosse Schäden an der Umwelt an.» Pawar zeigt mit der Hand auf die Mangrovenwälder. Genau in dieser Bucht sei zum Beispiel ein Hochgeschwindigkeitszug geplant, es sei ein Vorzeigeprojekt der Regierung von Premierminister Narendra Modi. Dafür würden bis zu 21'000 Mangroven abgeholzt, sagt der Aktivist. Eigentlich hätten es mehr als doppelt so viele sein solle, aber ein Gerichtsurteil habe das verhindert. 

Der Fischer und Umweltaktivist Nandakumar Pawar auf einer Baustelle.
Legende: Der Fischer und Umweltaktivist Nandakumar Pawar auf einer Baustelle. SRF/Maren Peters

Das alles geschehe im Namen der Entwicklung, kritisiert Pawar. «Aber wir Fischer zahlen einen hohen Preis für diese Entwicklung. Und bekommen nichts zurück.»

Strassenprojekte durch Naturschutzzonen

Gut möglich, dass der Fischer noch öfter enttäuscht wird. Nach Angaben des indischen Umweltministeriums vom Februar sollen weitere 2,3 Millionen Bäume für Mega-Infrastrukturprojekte wie Häfen, Flughäfen, Schnellstrassen und Kraftwerke aus dem Weg geräumt werden. Ein Teil der neuen Strassenprojekte verlaufe quer durch Naturschutzzonen.

Passend zu den Plänen hat das Parlament, mit einer Mehrheit der Regierungspartei BJP, gerade eine umstrittene Neufassung des Waldschutzgesetzes verabschiedet. Das Gesetz könnte die Abholzung deutlich erleichtern, befürchtet die Wissenschaftlerin Prerna Singh Bindra, die an der Universität Cambridge forscht. Sie hatte sich mit vielen anderen Kritikerinnen und Kritikern in einer Resolution gegen das Gesetz ausgesprochen.

Verschieden grüne Mangrovenwälder
Legende: Dichte Mangrovenwälder: Sie sind durch das neue Waldschutzgesetz in Indien gefährdet. SRF/Maren Peters

Eines der Ziele dieses Waldgesetzes sei es, die Versprechen der Regierung mit Blick auf Klima und Nachhaltigkeit zu erfüllen, sagt Bindra. «Aber dieses Versprechen wird nicht erfüllt. Stattdessen wird der Schutz des Waldes geschwächt, der wichtig für den Klimaschutz ist.» Denn für grosse Teile des indischen Waldes sei künftig keine vorgängige Umweltprüfung mehr notwendig, bevor Bäume abgeholzt werden. Ausserdem schaffe das neue Gesetz Schlupflöcher, die die Abholzung erleichtern dürften.  

Gummibegriff «nationales Interesse»

So wird zum Beispiel Abholzung für Infrastrukturprojekte in «nationalem Interesse» vereinfacht – eine dehnbare Formulierung, die leicht missbraucht werden kann. Das Fazit der Wissenschaftlerin: Das neue Forstgesetz werde nicht helfen, die Net-Zero-Versprechen der indischen Regierung und diverse andere Klimaversprechen zu erfüllen. Ganz im Gegenteil. Auch der Fischer und Umweltaktivist Nandakumar Pawar ist nicht überzeugt, dass die Regierung ihre Klimaversprechen ernsthaft genug umsetzt.

«Es ist ja gut, dass unser Premierminister auf die globale Bühne geht und über Klimawandel spricht. Aber er muss auch wissen, was hier bei den normalen Leuten passiert», sagt Pawar. «Dass hier die Mangrovenwälder zerstört werden. Unsere Fischgründe kaputtgehen.» Und dass diese diversen Infrastrukturprojekte ein ökologisches Desaster anrichteten.

Bharat – am Rande des G20-Gipfels

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Eingangstor zu den G20-Treffpunkten: Angeschrieben mit Bharat
Legende: Bharat ist kein neuer Name für Indien. Es ist der vorkoloniale Name des Landes. Keystone/HARISH TYAGI

In Indien hat die Einladung zu einem offiziellen G20-Abendessen für eine Kontroverse gesorgt und Spekulationen über eine Namensänderung des Landes genährt. In der Einladung in englischer Sprache wurde die Gastgeberin, Präsidentin Draupadi Murmu, nicht als «President of India», sondern als «President of Bharat» bezeichnet, wie örtliche Medien berichteten. «Bharat» ist ein altes Sanskrit-Wort für «Indien», das in dem Land beispielsweise in der Verfassung als Synonym verwendet wird.

Manche Hindus in dem Land stören sich am Landesnamen «India». Sie argumentieren, dieser sei von den britischen Kolonialherren eingeführt worden und deshalb ein Symbol der Sklaverei.

Rendez-vous, 06.09.2023, 12:30 Uhr

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