Eigentlich hätten die knapp 200 Länder, die das Pariser Klimaabkommen 2015 unterzeichnet haben, in diesem Jahr neue ehrgeizigere Klimaziele bis 2035 einreichen sollen. Bis zur Klimakonferenz, die seit Montag in Brasilien stattfindet, haben das längst nicht alle getan. Wirklich ehrgeiziger sind die meisten Ziele auch nicht.
Zu wenige und zu schwache Klimaziele
Gerade mal 113 von fast 200 Staaten haben bisher neue Klimaziele bei der UNO eingereicht, für die kommenden zehn Jahre. Wenn alle diese Versprechen eingehalten würden, würde der Ausstoss von Treibhausgasen in den nächsten zehn Jahren um 12 Prozent sinken.
Das wäre zwar ein Schritt in die richtige Richtung – doch, um das übergeordnete Klimaziel von Paris zu erreichen und die Erderwärmung auf 1.5 Grad Celsius zu beschränken, müsste der Treibhausgasausstoss fünfmal schneller zurückgehen. Das Fenster, um dieses 1.5 Grad-Ziel am Leben zu halten, schliesst sich schnell. Gemeinsame Anstrengungen für mehr Klimaschutz wären dringend nötig, um die schwerwiegendsten Folgen des Klimawandels abzuwenden.
Die Krise des Pariser Mechanismus
Trotz der Unzulänglichkeiten wollen Expertinnen und Experten den Mechanismus von Paris – nämlich, dass sich alle Länder regelmässig neue Ziele setzen – nicht für gescheitert erklären. Tatsächlich verläuft die aktuelle dritte Runde enttäuschend.
Die ersten zwei Runden von Zielen können aber durchaus als erfolgreich bezeichnet werden. Die Prognosen zur Erderwärmung bis ins Jahr 2100 haben sich seit Paris von rund 4 Grad auf deutlich unter 3 Grad verbessert. Selbst Länder wie China, Indien, Saudi-Arabien und Russland haben Ziele eingereicht, weil sie sich unter Druck gefühlt haben, dass sie solche Ziele haben müssten.
Der fehlende öffentliche Druck
Schuld daran, dass viele Klimaziele ungenügend sind, ist einerseits der heute fehlende öffentliche Druck. Anders noch als vor wenigen Jahren ist Klimaschutz derzeit nicht nur in der Schweiz, sondern auch in vielen andern Ländern kein Thema, mit dem Wahlen gewonnen werden. Der Mechanismus ist deshalb aus Sicht vieler in Gefahr.
Nur wenn sich die geopolitische Lage wieder stabilisiert und die Zivilgesellschaft auf die zunehmenden Klimaschäden wieder stärker reagiert und Druck auf die Regierung macht, ist für die nächste Runde im Jahr 2030 wieder mit ambitionierteren Klimazielen zu rechnen.
Länder des globalen Südens fehlen
Ein Blick auf die Karte zeigt andererseits, dass vor allem Länder aus dem globalen Süden, noch keine Klimaziele eingereicht haben. Die Ausarbeitung und Verabschiedung von Klimazielen ist ein aufwändiger Prozess, den viele ärmere Länder kaum ohne finanzielle und fachliche Unterstützung schaffen. Wohlhabende Länder könnten solche Unterstützung bieten, insbesondere solche, die wie die Schweiz in Ländern des Südens Treibhausgas-Reduktion vorantreiben, um sich diese selbst anzurechnen.
Sanktionen bleiben aus
Zwar haben sich die Staaten in Paris rechtlich verpflichtet, regelmässig neue Klimaziele einzureichen. Doch eine Weltpolizei, die im Unterlassungsfall Sanktionen ergreifen würde, gibt es nicht.
Immerhin hat der Internationale Gerichtshof vor kurzem entschieden, dass Staaten wegen fehlendem Klimaschutz verklagt werden können. Möglich ist das allerdings nur in den Ländern, die den Internationalen Gerichtshof anerkennen – beispielsweise in den USA also nicht.