Für Helga Schmid, Generalsekretärin Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), kommt Frauen beim Wassermanagement eine zentrale Rolle zu. «Denn es ist auch eine wichtige Form der Friedenssicherung und Konfliktverhütung. Der Wasserbericht der Vereinten Nationen von 2022 sagt ganz klar, dass Frauen auf allen Entscheidungsebenen stärker einbezogen werden müssen.»
Und es sei wissenschaftlich erwiesen, dass die Beteiligung von Frauen die Chancen für Frieden auch beim Wassermanagement signifikant erhöhe. «Diese Zahlen kommen von den Vereinten Nationen. Sie besagen: Friedensabkommen, bei denen Frauen beteiligt sind, haben eine 35 Prozent grössere Überlebenschance», so Schmid.
Eine Untersuchung von 182 Friedensschlüssen seit 1998 habe ergeben, dass die Chance, dass eine solche Friedensvereinbarung 15 oder mehr Jahre Bestand habe, bei einer Beteiligung von Frauen, um ebendiese 35 Prozent höher sei.
Eine Frage der Perspektive
In diesen Tagen hat sich deshalb das «Women in Water Diplomacy Network» – ein internationales Netzwerk von Frauen aus der Praxis und Wissenschaft – auf Einladung der OSZE in Wien getroffen. Marisa Ensor von der Georgetown University in Washington D.C. untersucht die sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhänge des Klimawandels.
Sie sagt, dass die Zahl 35 Prozent nicht damit zu erklären sei, dass Frauen konsensorientierter seien als Männer. «Es gibt zwar die gängige Vorstellung, dass Frauen Friedenstifterinnen sind. Aber ihre Rolle ist vor allem wichtig, weil sie andere Perspektiven und andere Erfahrungen mitbringen.»
Entscheidend sei, dass alle Betroffenen und Beteiligten mit ihren Bedürfnissen und Erfahrungen bei Verhandlungen für die friedliche Verteilung von Wasserressourcen an einem Tisch sässen. Und das ist heute häufig nicht der Fall.
Untervertretung an den Verhandlungstischen
Frauen sind zwar oft zuständig für die Beschaffung des Wassers, sie spielen aber auch bei der Hygiene eine wichtige Rolle. In acht von zehn Haushalten ohne Wasseranschluss seien Frauen für die Organisation des Wassers zuständig, weiss Ensor. Aber wenn die Kommunen, die Landwirtschaft, die Fischerei, die Industrie, die Energiewirtschaft einer Region über die Wasserverteilung verhandelten, seien Frauen krass unter vertreten.
Denn oft hätten sie gar dafür keine Zeit, sagt Ensor: Weltweit verbrächten Frauen schätzungsweise 200 Millionen Stunden, um Wasser zu holen. Millionen Stunden kämen noch dazu, wenn die Frauen das Wasser suchen müssten. In dieser Zeit können sie nicht zur Schule, keine Ausbildung absolvieren und haben entsprechend schlechtere Chancen, beim Wassermanagement in Führungspositionen zu gelangen.