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Krawalle in Stuttgart «Alarmsignal für den Rechtsstaat»

  • Nach der Stuttgarter Chaos-Nacht mit Plünderungen und Randale von mehreren hundert Menschen verlangt der deutsche Innenminister Horst Seehofer harte Strafen für die Täter.
  • «Ich erwarte, dass die Justiz den Tätern, die gestellt werden konnten oder noch können, auch eine harte Strafe ausspricht», sagte der CSU-Politiker.
  • Die Ausschreitungen könnten grössere Spuren hinterlassen: Die Deutsche Polizeigewerkschaft brachte ein Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen und eine Sperrstunde für Teile der City in die Debatte.

Seehofer bezeichnete die Randale von Stuttgart als «Alarmsignal für den Rechtsstaat». Es gehe nicht nur um Gewalt gegen die Polizei, sondern auch um die Verunglimpfungen der Beamten mit Worten. «Aus Worten folgen immer auch Taten.»

Glassplitter in Polizeiauto.
Legende: Die Randalierer griffen auch mehrere Polizeiautos an. Keystone

Nach dem Ausbruch der Gewalt in der Nacht zum Sonntag wurden am Montag laut Polizei sieben Haftbefehle beantragt, unter anderem wegen Landfriedensbruchs und gefährlicher Körperverletzung. Ob die Tatverdächtigen bereits dem Haftrichter vorgeführt wurden, war bis zum Abend nicht bekannt.

Versuchter Totschlag wird untersucht

Am Vorabend waren bereits ein weiterer Haftbefehl erlassen und einer gegen Auflagen ausser Vollzug gesetzt worden. Ein 16-Jähriger muss sich wegen versuchten Totschlags verantworten, weil er nach Angaben der Staatsanwaltschaft einem am Boden liegenden Studenten gezielt gegen den Kopf getreten haben soll.

Gelegenheit zur Aufarbeitung in der Politik soll eine Sondersitzung des baden-württembergischen Innenausschusses am Mittwochmorgen im Landtag geben. Dort will die Opposition Innenminister Thomas Strobl (CDU) ausführlich zur kriminellen Gewalt und zu Massnahmen zum Schutz von Gesellschaft und Polizei befragen. Die Polizei hat angekündigt, in den kommenden Wochen mit verstärkten Kräften in Stuttgart unterwegs zu sein.

19 verletzte Polizisten

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Stuttgarts Polizeivizepräsident Thomas Berger bezifferte den Schaden durch die marodierenden Gruppen auf einen sechs- bis siebenstelligen Betrag.

Unter anderem wurden in der Nacht zum Sonntag 40 Läden beschädigt und zum Teil geplündert, zudem zwölf Streifenwagen demoliert, sagte der Leiter des Polizeieinsatzes noch während der Nacht.

19 Polizisten seien infolge «total enthemmter Gewalt» verletzt worden, einer davon brach sich das Handgelenk, sagte Berger.

Dennoch könnte die Randale grössere Spuren hinterlassen. Neben den politischen Konsequenzen wird im Stuttgarter Rathaus über die Folgen für den Handel und den Ruf der Stadt beraten: Die Deutsche Polizeigewerkschaft brachte ein Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen und eine Sperrstunde für Teile der City in die Debatte.

Polizei künftig zu dritt unterwegs

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verurteilte die Krawalle scharf. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte in Berlin, die Szenen seien «abscheulich» gewesen und mit nichts zu rechtfertigen.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier stellte sich demonstrativ hinter Polizeibeamte. «Wer Polizistinnen und Polizisten angreift, wer sie verächtlich macht oder den Eindruck erweckt, sie gehörten entsorgt, dem müssen wir uns entschieden entgegenstellen.»

«Da ist viel aufgestauter Ärger vorhanden»

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Der Kriminologe Christian Pfeiffer sieht in den Coronavirus-Beschränkungen eine Ursache für die Krawalle. «Da ist viel aufgestauter Ärger vorhanden», sagte er der «Augsburger Allgemeinen».

«Wir haben viele Verlierer durch Corona.» Hinzu komme, dass die Leute mehrere Wochen wie eingesperrt gewesen seien, wenn man es mit dem sonst vertrauten Leben vergleiche. «Menschen, die eingesperrt waren, sind aggressiver.»

Zum Schutz der Beamten wird die Bundespolizei nach Worten Seehofers nicht mehr einzeln oder zu zweit in einer Streife unterwegs sein, sondern künftig zu dritt. Es werde bei der Bundespolizei keine Streifen mehr geben unter drei Personen, um die Beamten im Alltag stärker zu schützen, sagte der Innenminister in Stuttgart. Das habe er bereits vor einigen Wochen beschlossen.

Tagesschau, 22.6.2020, 19:30 Uhr ; 

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