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Krieg gegen die Ukraine Das erwartet die «Helden der Spezialoperation» – ein Überblick

Hunderttausende russische Kriegsveteranen müssen laut Schätzungen zurück in den Alltag. Was tut Moskau?

Der Angriffskrieg gegen die Ukraine heisst in Russland «Spezialoperation». Wie viele Soldaten daran teilnehmen, verschweigt der Kreml, ebenso die Zahl der Gefallenen. Im Juni sprach der Kreml von 140'000 zurückgekehrten «Helden der Spezialoperation». Ein Überblick über die Zahlen und Schätzungen mit Russland-Korrespondent Calum MacKenzie.

Calum MacKenzie

Russland-Korrespondent

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Calum MacKenzie ist Russland-Korrespondent von Radio SRF. Er hat in Bern, Zürich und Moskau Osteuropa-Studien studiert.

Wie viele Kriegsrückkehrer gibt es tatsächlich?

Die Zahl der Zurückgekehrten dürfte die vom Kreml im Juni genannten 140'000 weit übersteigen. Gemäss Fachleuten kommen bei einem solchen Krieg auf jeden Getöteten mindestens drei, meist aber mehr verletzte und traumatisierte Soldaten. Die BBC und das exilrussische Medium Mediazona zählen nach aktuellen Recherchen über 135'000 getötete Russen. Damit ist denkbar, dass es Moskau mit mehreren Hunderttausend Kriegsrückkehrern zu tun hat und haben wird.

Was bietet Russland den Ukraine-Veteranen?

Das russische Parlament, die Duma, hat erst letzte Woche neue Hilfen für Veteranen beschlossen. So sollen sie etwa Vorrang bei der Wohnungsvergabe haben, wenn sie ein Kind mit Behinderung haben. Auch sollen Kinder von Vergünstigungen bei der Bildung profitieren. Je nach Region gibt es auch Unterstützung beim Landkauf oder Steuererleichterungen und Vorrang bei medizinischer Behandlung. Das alles kommt zu den vergleichsweise riesigen Boni und hohen Löhnen, die Russland jenen zahlt, die einen Armeevertrag unterschrieben haben.

Wie sieht die Hilfe für Traumatisierte aus?

Solche Unterstützungsprogramme gibt es, aber sie sind in massiv unterfinanziert. Der Hilfsfonds für die «Verteidiger des Vaterlandes» soll die Kosten von psychologischer Unterstützung für Veteranen decken, aber auch für Weiterbildung und Hilfe bei der Stellensuche. Doch der Fonds ist mit umgerechnet gerade einmal 20 Millionen Franken dotiert. Das Gesundheitssystem steht ohnehin unter Druck, weil der Kreml knapp 40 Prozent des Budgets für Krieg ausgibt und im Sozialen spart. Es fehlt an Ärztinnen und Ärzten und Pflegepersonal – auch weil deren Löhne zuletzt gesunken sind.

Russischer Soldat
Legende: Ein vom russischen Verteidigungsministerium verbreitetes Video vom 19. Juli 2025 soll einen russischen Soldaten beim Kampftraining an einem nicht bekannten Ort in der Ukraine zeigen. Keystone/Russian Defense Ministry Press Service via AP

Bei den Regionalwahlen kandidierten Ukraine-Veteranen – mit Erfolg?

Es wurden im September etwa 800 Veteranen in regionale Ämter gewählt. Sie waren für Putins Partei «Einiges Russland» angetreten. 800 weitere Veteranen aus anderen Parteien wurden nicht gewählt. Fast alle hatten als «Kriegshelden» Wahlkampf gemacht – mit dem Logo «Teilnehmer der Spezialoperation» auf dem Wahlkampfmaterial. Einige dieser neuen Politiker sind Abgänger des staatlichen Förderprogramms «Zeit der Helden», das ehemaligen Soldaten für eine Karriere in der Politik vorbereitet.   

Welches Ziel verfolgt Putin mit den Veteranen?

Putin sprach schon mehrmals von einer notwendigen Erneuerung des Staatsapparats, und dass hierbei Veteranen eine «neue Elite» sein könnten. Es gibt die Theorie, er wolle das System mit bedingungslos loyalen Beamten ausfüllen. Doch die neue Elite gibt es erst auf Papier. Bisher bekleiden noch keine Veteranen wichtige und einflussreiche Ämter. Die Vermutung liegt nahe, dass mit dem Gerede von einer neuen Elite die Veteranen eher bei Laune gehalten als gefördert werden sollen. Russland kennt vom Afghanistan-Krieg und vom Tschetschenien-Krieg das Problem von Soldaten, die zurück ins zivile Leben kommen und sich im Stich gelassen fühlen. Es bleibt abzuwarten, wie gut Veteranen bei den Duma-Wahlen im kommenden Jahr abschneiden.

Rendez-vous, 20.10.2025, 12:30 Uhr ; 

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