Zum Inhalt springen

Header

Zur Übersicht von Play SRF Audio-Übersicht

Krieg im Nahen Osten Israel und Gaza: Genozid-Debatte und stockende Gespräche

  • Die Israelische Armee hält nach eigenen Angaben nun 40 Prozent der Stadt Gaza unter operativer Kontrolle.
  • EU-Vizepräsidentin Teresa Ribera kritisiert das Vorgehen Israels und spricht in diesem Zusammenhang erstmals über «Völkermord» im Gaza-Streifen.
  • Israel wies die Äusserung Riberas umgehend zurück.

Israel treibt die Vorbereitungen für die umstrittene Einnahme der Stadt Gaza voran. Nach Schätzungen halten sich immer noch rund eine Million Menschen in dem Gebiet auf.

Das israelische Militär habe nun «die operative Kontrolle über 40 Prozent von Gaza-Stadt», sagte Armeesprecher Effie Defrin am Donnerstag. Ob das so ist, lässt sich zu diesem Zeitpunkt nicht verifizieren.

Wir werden den Druck auf die Hamas erhöhen, bis sie endgültig besiegt ist.
Autor: Effie Defrin Sprecher der israelischen Armee

Der Einsatz werde in den kommenden Tagen ausgeweitet und intensiviert. «Wir werden den Druck auf die Hamas erhöhen, bis sie endgültig besiegt ist.» Die Mobilisierung von Reservisten gehe weiter.

Vizepräsidentin der EU-Kommission spricht erstmals von Völkermord

Wegen des militärischen Vorgehens gerät Israel immer mehr unter Druck. Die Vizepräsidentin der EU-Kommission, Teresa Ribera, die schon länger als entschiedene Kritikerin des israelischen Militäreinsatzes gilt, sprach nun erstmals ausdrücklich von Völkermord.

Frau spricht bei einer Pressekonferenz vor blauem Hintergrund.
Legende: Teresa Ribera ist Exekutiv-Vizepräsidentin der Europäischen Kommission für einen sauberen, gerechten und wettbewerbsfähigen Übergang. Keystone/Mahesh Kumar A.

Der «Genozid in Gaza» entlarve «Europas Versagen», gemeinsam zu handeln und mit einer Stimme zu sprechen, sagte sie in Paris. Die EU-Kommission als Institution hat den Begriff im Zusammenhang mit Gaza bisher nicht verwendet.

Israel weist Genozid-Vorwurf zurück

Israel wies die Äusserung Riberas zurück. Die Spanierin habe sich «zum Sprachrohr der Hamas-Propaganda» gemacht, teilte das Aussenministerium mit.

Genozid-Forscher: Israel erfüllt Kriterien für Völkermord in Gaza

Box aufklappen Box zuklappen

Die weltweit führende Vereinigung von Völkermord-Forschern sieht die rechtlichen Kriterien für einen Genozid durch Israel im Gazastreifen als erfüllt an. In einer am Montag verabschiedeten Resolution heisst es, Israels Politik und Vorgehen in Gaza erfüllten die rechtliche Definition von Völkermord gemäss der UNO-Konvention von 1948. Die Resolution sei mit einer Mehrheit von 86 Prozent der abstimmenden Mitglieder verabschiedet worden, teilte die Präsidentin der International Association of Genocide Scholars (IAGS), Melanie O'Brien, Anfang dieser Woche mit.

Zudem erklärt das Aussenministerium zu Riberas Äusserungen: «Anstatt die von der Hamas verbreitete ‹Völkermord›-Legende nachzuplappern, hätte Ribera die Freilassung aller Geiseln und die Niederlegung der Waffen durch die Hamas fordern sollen, damit der Krieg beendet werden kann.» Die für Wettbewerbspolitik und grünen Wandel zuständige EU-Kommissarin hatte den Begriff in einer Rede an der Pariser Universität Sciences Po verwendet.

Berichte über neue Bemühungen für Gaza-Deal

Derweil laufen weiter Bemühungen der Vermittler um ein Abkommen. Der US-Sondergesandte Steve Witkoff habe sich am Donnerstag in Paris mit Vertretern Katars getroffen, berichtete der israelische Sender Channel 12 unter Berufung auf zwei informierte Quellen. Bislang gebe es jedoch keine Fortschritte in den Verhandlungen – «hauptsächlich wegen der israelischen Position».

Flucht aus Gaza-Stadt

Die Hamas hatte am Mittwoch mitgeteilt, sie warte weiterhin auf eine Antwort Israels auf den Vorschlag für eine Waffenruhe. Man sei bereit zu einem «umfassenden Abkommen», das eine Freilassung aller Geiseln im Austausch gegen palästinensische Häftlinge vorsieht.

Netanjahus Position bleibt klar

Netanjahu beharrt jedoch inzwischen auf einem umfassenden Deal, bei dem alle Geiseln auf einen Schlag freigelassen werden, nicht wie bei früheren Vereinbarungen nach und nach in mehreren Gruppen. Von den 48 Geiseln, die sich in Gaza befinden, sind nach israelischen Informationen noch 20 am Leben. Bei den anderen geht es demzufolge um die Überstellung ihrer sterblichen Überreste.

Zudem pocht Netanjahu auf eine Kapitulation und Entwaffnung der Hamas und den Erhalt der Sicherheitskontrolle über den Gaza-Streifen.

SRF 4 News, 05.09.2025, 9 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel