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Krieg in der Ukraine Darum lehnen die USA Mig-29-Lieferungen via Ramstein strikte ab

Die Ukraine bittet den Westen dringend um weitere Hilfe. Polen bietet jetzt eigene MIG-29 Kampfflieger an, welche ukrainische Piloten fliegen könnten – verbunden mit dem Vorschlag, die Jets auf den US-Luftwaffenstützpunkt im deutschen Ramstein zu bringen, um nicht in den Krieg hineingezogen zu werden. Das wäre aber die direkte Kriegsbeteiligung des Westens, stellt SRF-Sicherheitsexperte Fredy Gsteiger fest.

Fredy Gsteiger

Diplomatischer Korrespondent

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Fredy Gsteiger ist diplomatischer Korrespondent und stellvertretender Chefredaktor bei Radio SRF. Vor seiner Radiotätigkeit war er Auslandredaktor beim «St. Galler Tagblatt», Nahost-Redaktor und Paris-Korrespondent der «Zeit» sowie Chefredaktor der «Weltwoche».

Hier finden Sie weitere Artikel von Fredy Gsteiger und Informationen zu seiner Person.

SRF News: Warum wollen die USA vom Angebot Polens nichts wissen?

Fredy Gsteiger: Es hängt auch damit zusammen, dass gar nicht genau klar ist, worin das polnische Angebot besteht. Die erste Variante: Die polnischen Mig-29-Kampfflugzeuge werden ins deutsche Ramstein auf die US-Luftwaffenbasis geflogen und von dort von den Amerikanern weiter an die Ukraine geliefert. Hier kann man sich fragen, warum dieser Umweg gemacht werden soll und die Polen nicht direkt liefern. Wohl, weil sich die Polen so ein wenig aus der Schlusslinie nehmen wollen.

Die zweite Variante: Diese polnischen Jets werden nach Ramstein geliefert und dann von dort aus beispielsweise von den Amerikanern und damit auf jeden Fall von einer westlichen Basis aus eingesetzt. Das hätte sofort zu Folge, dass die Nato direkt in den Krieg involviert wäre, was nicht passieren soll. Entsprechend hält das Pentagon fest, das Angebot werfe heikle Fragen auf. Es scheint auch, dass die Amerikaner auf den Vorschlag aus Polen eher unvorbereitet waren und es offenbar nicht abgesprochen war.

Völkerrechtlich ist es erlaubt, die Ukraine mit Kriegsmaterial zu beliefern. Das wird auch gemacht. Warum also nicht Kampfjets ins Land schicken?

Das ist richtig. Die Ukraine dürfen ihre Waffen beziehen, von wem immer sie wollen – wie jedes andere Land auch. Dass sie Interesse gerade an Mig-29-Kampfjets haben, erklärt sich dadurch, dass sie ausgebildete Piloten für den russischen Flugzeugtyp haben, ebenso die Infrastruktur, um sie zu warten. Das gilt nicht für westliche Flugzeuge. Allerdings gäbe es in der logistischen Umsetzung gewaltige Probleme: Wie könnten die Flugzeuge geliefert werden? Hat die Ukraine überhaupt noch Flugplätze, die sie kontrolliert? Würden diese Flugzeuge nicht bereits von den Russen abgeschossen, wenn sie auf dem Land- oder auf dem Luftweg geliefert würden? Da sind also grosse Probleme im Weg.

Die Nato ist gefordert, die Ukraine fordert immer wieder Hilfe. Welche Möglichkeiten gibt es noch?

Der Handlungsspielraum ist eng. Man kann weiterfahren mit den Waffenlieferungen wie bisher. Auch mit neuen Waffengattungen, theoretisch auch mit Kampfflugzeugen. Man wird weiterfahren, die ukrainische Regierung und Streitkräfte zu beraten und sie mit Geheimdienstinformationen zu versorgen.

Aber alles darüber hinaus – wie das Einrichten einer Flugverbotszone oder der Einsatz von Kampfjets von Nato-Stützpunkten aus – würden die direkte Kriegsbeteiligung bedeuten. Offen ist die Frage, ob die USA und die Nato eine neue Entscheidung fällen würden, wenn es in der Ukraine immer mehr Opfer geben würde, Zehn- oder gar Hunderttausende.

Das Gespräch führte Bettina Studer.

Info3, 09.03.2022, 12:00 Uhr ; 

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