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IAEA fordert Sicherheitszonen um Tschernobyl und Saporischschja
Aus Echo der Zeit vom 28.04.2022. Bild: Keystone
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Krieg in der Ukraine IAEA: Lage für grösstes AKW Europas «sehr gefährlich»

Der Krieg in der Ukraine ist auch eine Gefahr für die atomare Sicherheit. Das stillgelegte AKW Tschernobyl war für kurze Zeit unter russischer Kontrolle, Berichten zufolge sind damals die Strahlungswerte gestiegen.

Rafael Grossi, der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA, hat nun Tschernobyl besucht. Grossi beurteile aber vor allem die Lage für den Atommeiler Saporischschja im Süden als besorgniserregend, sagt der diplomatische Korrespondent von SRF, Fredy Gsteiger.

Fredy Gsteiger

Fredy Gsteiger

Diplomatischer Korrespondent

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Fredy Gsteiger ist diplomatischer Korrespondent und stellvertretender Chefredaktor bei Radio SRF. Vor seiner Radiotätigkeit war er Auslandredaktor beim «St. Galler Tagblatt», Nahost-Redaktor und Paris-Korrespondent der «Zeit» sowie Chefredaktor der «Weltwoche».

SRF News: Wie beurteilt Rafael Grossi die Lage in Tschernobyl? 

Fredy Gsteiger: Grossi konnte ein Stück weit entwarnen. Sein Team stellte fest, dass die Strahlungswerte nach den militärischen Aktivitäten der Russen in der Gegend um das stillgelegte Atomkraftwerk Tschernobyl erhöht sind. Zum Beispiel durch Aufwirbelung von radioaktivem Staub. Doch nach dem Abzug der Russen seien diese Werte zumindest nicht mehr im gefährlichen Bereich.

In den vergangenen Wochen war eine Überwachung nicht möglich gewesen.

Vor allem aber war für Grossi wichtig, dass die Verbindung von Tschernobyl nach Wien zum IAEA-Hauptsitz wieder hergestellt ist und man wieder überwachen kann, was dort passiert. Das war in den vergangenen Wochen nicht mehr möglich gewesen.

Wie ist die Lage im grössten AKW Europas in Saporischschja im Süden der Ukraine, das unter russischer Kontrolle ist?

Die Lage in Saporischschja ist nach den Aussagen von Grossi ganz anders und höchst beunruhigend. Er spricht von einem «rotblinkenden Licht» und einer «sehr gefährlichen abnormalen Situation», seit die Russen das Atomkraftwerk mit einer Granate beschossen haben. Dabei wurden ein Schulungs-, ein Labor- und ein Lagergebäude getroffen. Die IAEA hat dort bisher keinen Zugang und verhandelt weiter mit Russland.  

AKW Saporischschja
Legende: Das AKW Saporischschja in der Südukraine am 2. März 2022. Die Region ist weiterhin vollständig unter russischer Kontrolle. imago images

Besorgniserregend sind vor allem auch Videos von tieffliegenden Marschflugkörpern über dem Atomkraftwerk, welche die IAEA zurzeit zu verifizieren versucht. Wenn sich diese Aufzeichnungen bewahrheiten, wäre es ein brandgefährliches kriminelles Verhalten der Russen. Sie wären auch selber betroffen, wenn dort in grösserem Mass Strahlung auftreten würde. Russland ist aber offenbar nicht bereit, bei seinen Angriffen ukrainische Atomanlagen grosszügig auszunehmen.

Können Kernkraftwerke in einem Krieg überhaupt geschützt werden?

Nicht vollständig, sie bleiben verletzlich. Es gibt zwar viele Vorkehrungen gegen Naturkatastrophen wie Erdbeben, Flutwellen und den Absturz von zumindest kleineren Flugzeugen. Aber ein vollständiger Schutz gegen gezielte Angriffe mit schweren Waffen – bunkerbrechenden Bomben – ist schlicht unmöglich. Das Risiko einer Zerstörung der Hülle von AKW-Blöcken und damit von Kernschmelzen bleibt. Deswegen fordert die UNO-Atombehörde ein Verbot der physischen Zerstörung von Atomkraftwerken und Sicherheitszonen um die Anlagen.

Das Risiko von Kernschmelzen bleibt.

Das deckt sich auch mit den Genfer Konventionen über das Kriegsvölkerrecht. Demzufolge müssten Atomanlagen genauso wie beispielsweise wichtige Dämme von jeglichen Kriegshandlungen ausgeschlossen werden. Dies müssten aber alle Kriegsparteien respektieren. Russland als Aggressor hat bisher nicht erkennen lassen, dass es zu einer solchen Selbstbeschränkung seiner Kriegshandlungen bereit ist.

Das Gespräch führte Simone Hulliger.

Echo der Zeit, 28.04.2022, 18:00 Uhr;

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