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Krieg in der Ukraine Wie konkret wird Russlands Drohung jetzt, Atomwaffen einzusetzen?

Russland hat offenbar damit begonnen, russische Atomwaffen ins Nachbarland Belarus zu bringen. Das behauptet zumindest der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko nach einem Treffen mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin. Man habe festgelegt, wo wie viele Waffen gelagert würden. Weitere Details gab Lukaschenko nicht bekannt. Fredy Gsteiger, der diplomatische Korrespondent von SRF, ordnet ein.

Fredy Gsteiger

Diplomatischer Korrespondent

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Fredy Gsteiger ist diplomatischer Korrespondent und stellvertretender Chefredaktor bei Radio SRF. Vor seiner Radiotätigkeit war er Auslandredaktor beim «St. Galler Tagblatt», Nahost-Redaktor und Paris-Korrespondent der «Zeit» sowie Chefredaktor der «Weltwoche».

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Wie konkret wird Russlands Drohung jetzt, Atomwaffen einzusetzen?

Wenn tatsächlich – wir wissen es nicht sicher – taktische Atomwaffen unterwegs sind nach Belarus oder sich vielleicht schon dort befinden, dann würde Russland erstmals nicht nur drohen, sondern den Drohungen Taten folgen lassen. Bisher hat der Kreml mit seinen Äusserungen hauptsächlich Ängste schüren wollen, aber er hat im Grunde im Bereich der Atomwaffen nichts verändert oder konkret unternommen. Deshalb war die westliche Einschätzung bisher auch relativ gelassen. Jetzt könnte das aber erstmals anders sein; es wären konkrete Veränderungen im atomaren Dispositiv.

Wie reagieren die USA?

Aus Washington kommen zumindest bisher nach wie vor eher gelassene Töne. Es gebe im Moment noch keinen Anlass, die eigene Abwehrstrategie oder auch die Position und die Einsatz- und Alarmbereitschaft von Atomwaffen zu verändern.

Die Rede ist von taktischen Atomwaffen – was bedeutet das genau?

Man nennt diese auch Gefechtsfeld-Waffen. Die sind gedacht für den konkreten Einsatz in einem Krieg, genauso wie Kampfpanzer oder Artillerie zur Zerstörung gegnerischer Truppenteile. Die Reichweite ist in der Regel etwa 150 Kilometer. Im Unterschied dazu gibt es die strategischen Atomwaffen, die eine ganz andere Dimension haben. Mit denen liessen sich grosse Teile eines gegnerischen Landes völlig zerstören. Die Einsatzdistanz könnte mehr als 10'000 Kilometer betragen.

Was würde Russland diese Verlegung militärisch bringen?

Fachleute sind sich weitgehend einig: Sie bringen Moskau militärisch sehr wenig. Es lässt sich mit diesen taktischen Atomwaffen kein militärisches Ziel erreichen, das nicht auch mit modernen konventionellen Waffen erreicht werden könnte. Dazu kommt: Wenn man solche taktischen Atomwaffen einsetzt, müssten ja dann die eigenen Truppen vorrücken in verstrahltes Gebiet. Politisch wäre ein Einsatz natürlich ein gewaltiger Tabubruch. Russland würde sich damit noch stärker isolieren.

Lukaschenko und Putin schütteln sich die Hände.
Legende: Ein vom Pressedienst des belarussischen Präsidenten zur Verfügung gestelltes Foto zeigt Alexander Lukaschenko (links) und Wladimir Putin vor einer Plenarsitzung des zweiten Eurasischen Wirtschaftsforums in Moskau am 24. Mai 2023. Keystone/EPA/BELARUS PRESIDENT PRESS-SERVICE/HANDOUT

HeuteMorgen, 26.5.2023, 7 Uhr ; 

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