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Krise OSZE ohne Führung und Kompass

Hervorgegangen ist die OSZE aus der Ost-West-Entspannungspolitik der 1970er- und 1980er-Jahre. Doch von Entspannung kann aktuell keine Rede mehr sein. Gerade deshalb könnte oder müsste die OSZE wieder eine Rolle spielen.

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa OSZE ist die einzige Regionalorganisation, wo der Westen und Russland vertreten sind: Aus dem Europarat wurde Moskau hinausgeworfen, der Nato-Russland-Rat und die Kooperation EU-Russland sind klinisch tot.

Dennoch traut zurzeit kein Mensch der OSZE zu, einen massgeblichen Beitrag für einen Frieden für die Ukraine zu leisten. Denn die Organisation mit Hauptsitz in Wien ist dysfunktional. Ärgerlich auch aus Sicht der Schweiz, die sich traditionell stark in der OSZE engagiert.

Einstimmigkeit nötig – mehrere Spitzenämter vakant

Die deutsche Generalsekretärin Helga Schmid verliess dieser Tage ihr Büro nach Ende der Amtszeit. Mit dem albanischen Aussenminister Igli Hasani stünde ein geeigneter Nachfolger in den Startlöchern. Er ist breit akzeptiert, jedoch nicht allseits.

Weil solche Personalentscheidungen Einstimmigkeit unter den 57 Mitgliedsländern verlangen, wurde er bisher nicht gewählt. Vielleicht klappt es beim Ministertreffen im Dezember – sicher ist auch das nicht. Vakant sind zugleich die drei weiteren Spitzenämter – für Medienfreiheit, für Minderheiten und für Menschenrechte.

Einflussreiche Staaten zeigen wenig Interesse

Der Hauptkonflikt in der OSZE ist jener zwischen Moskau und dem Westen, also europäischen Ländern sowie den USA und Kanada. Das nutzen andere, auch kleine Länder aus für eigene Machtspielchen um Posten und Pfründen.

Zum Kollateralschaden eines solchen Postenschachers wurde schon 2020 der damalige Schweizer Generalsekretär Thomas Greminger. Ihm blieb eine zweite Amtszeit verwehrt, obschon es um ihn und seine Amtsführung gar nicht ging. Weil einflussreiche Mitgliedstaaten die OSZE gar nicht mehr als wichtig erachten, machen sie kaum Druck auf Störenfriede. Auch deshalb sind die Spitzenposten der Organisation verwaist.

Zwar hat eine OSZE-Generalsekretärin oder ein Generalsekretär weniger Einfluss als ihre Pendants bei der UNO oder der Nato. Politische Initiativen gehen nämlich vom jeweiligen Vorsitzland aus. Das ist noch bis Ende Jahr Malta, danach folgt Finnland.

Geld für neue Projekte fehlt

Anschliessend wird es auch hier kompliziert, weil sich keine Einigung mit Russland abzeichnet. Hinzu kommt: Die OSZE verfügt seit Längerem über kein ordentliches Budget mehr. Bisherige Aktivitäten laufen zwar weiter. Hingegen kann nichts Neues angepackt werden. Das ist frustrierend. Gute Leute verlassen die Organisation.

Der Bedeutungsverlust der OSZE ist offenkundig, der Imageschaden ebenso. Und auch die Orientierungslosigkeit. Wegen der internen Querelen wird die einst renommierte und bedeutende Organisation weit unter ihrem Wert gehandelt. Gerade jetzt, da man sie dringend bräuchte.

Fredy Gsteiger

Diplomatischer Korrespondent

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Fredy Gsteiger ist diplomatischer Korrespondent und stellvertretender Chefredaktor bei Radio SRF. Vor seiner Radiotätigkeit war er Auslandredaktor beim «St. Galler Tagblatt», Nahost-Redaktor und Paris-Korrespondent der «Zeit» sowie Chefredaktor der «Weltwoche».

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Rendez-vous, 11.09.2024, 12:30 Uhr

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