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Anhaltende Proteste in Indien
Aus Rendez-vous vom 15.01.2020. Bild: SRF. Thomas Gutersohn
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Kritik am Einbürgerungsgesetz Hunderttausende Inder sind nicht das Volk

Proteste gegen die Regierung ohne Ende. Doch eine Mehrheit der Inder steht offenbar weiterhin hinter Premier Modi.

«Wir, das indische Volk, haben feierlich entschlossen, eine souveräne, sozialistische, säkulare und demokratische Republik zu schaffen und deren Bürger zu schützen», lesen die ein bis zweitausend Demonstranten in Mumbai laut vor. Es ist die Präambel der indischen Verfassung. Sie betonten das Wort «säkular» ganz besonders.

Proteste reissen nicht ab

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Legende: Thomas Gutersohn/SRF

Seit etwa einem Monat treibt ein umstrittenes Einbürgerungsgesetz in Indien die Menschen auf die Strasse. Laut dem Gesetz sollen alle religiösen Minderheiten in Indien eine erleichterte Einbürgerung erhalten, wenn sie in Bangladesch, Pakistan oder Afghanistan verfolgt werden – und nicht muslimischen Glaubens sind. Was als humanitärer Akt der Regierung angepriesen wird, kommt in Teilen der Bevölkerung gar nicht gut an. Sie sehen die indische Verfassung bedroht, da erstmals die indische Staatsbürgerschaft nach religiösen Kriterien definiert wird.

«Das ist mein Land und meine Verfassung, welche die Regierung gerade zerstört», sagt Deepika Kathri, eine der Protestierenden. Das neue Gesetz diskriminiere muslimische Minderheiten, welche in den Nachbarländern verfolgt werden. Sie erhalten keine erleichterte Einbürgerung wie die Angehörigen anderer Religionen.

Das sei genau das Gegenteil der Werte der Gründerväter Indiens, sagt Kathri. Deshalb demonstriere sie für ein Indien mit gleichen Rechten für alle, unabhängig von Religion, Herkunft oder Kaste.

Demonstranten.
Legende: Die Proteste richten sich jetzt auch gegen das gewalttätige Vorgehen der Polizei in Delhi und andernorts. Keystone

Im Hintergrund rufen die Protestierenden «Azadi» – «Freiheit». Sie demonstrieren damit gegen die Regierungspartei BJP, welche laut den Demonstranten die hinduistische Mehrheit im Land bevorteilt.

Die Polizei greift durch

Die Proteste halten nun schon seit einem Monat an. Begonnen haben sie, als die Regierung das umstrittene Einbürgerungsgesetz im Parlament verabschiedete. In Mumbai liess die Polizei die Protestierenden grösstenteils gewähren, nicht so andernorts. Im Bundesstaat Uttar Pradesh oder in Indiens Hauptstadt Neu-Delhi gingen die Sicherheitskräfte mit aller Härte gegen sie vor.

Smartphone-Aufnahmen von Studenten der Jamia Universität in Neu-Delhi zeigen, wie die Polizisten am 15. Dezember die Universität regelrecht in ein Trümmerfeld verwandelten.

Übergriffe auf unbeteiligte Studenten

Die Polizisten setzten Tränengas im geschlossenen Raum ein und schlugen alles kurz und klein. Den Lernenden blieb bloss die Flucht. Sogar bereits verletzte Studenten wurden von Polizisten weiter geschlagen, erinnert sich die Studentin Akhtaranista Ansari. «Die Polizisten jagten uns.»

Ansari wollte einen Mitstudenten zu einer Ambulanz bringen, doch die Polizisten packten ihn, warfen ihn zu Boden und begannen ihn mit Schlagstöcken zu malträtieren. Ansari und weitere Studentinnen umringten ihn zum Schutz. Es half, denn wehrlose Frauen vor laufenden Kameras und Medien zu schlagen, getrauten sich die Polizisten dann doch nicht.

Proteste gegen die Polizeigewalt

Auch Studenten der Jawaharlal Nehru Universität in Neu-Delhi wurden Anfang Januar Opfer von Gewalt. Danach weiteten sich die Proteste gegen dieses Vorgehen aus. In über zwanzig Städten Indiens gingen bislang mehrere Hunderttausend Menschen gegen die Regierung auf die Strasse.

«Wir, das indische Volk», rufen die Protestierenden landesweit. Doch das stimmt so nicht. Bisher ist es nur ein kleiner, gebildeter und in den Städten lebender Teil der Bevölkerung, der gegen die Politik der Regierung auf die Strasse geht. In den ländlichen Regionen, vor allem im Norden Indiens, ist der Rückhalt für die Hindu-nationalistische Politik von Premier Narendra Modi nach wie vor ungebrochen.

Das indische Volk ist gespalten – in ein Pro-Modi und ein Kontra-Modi-Lager.

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