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Kurdinnen und Kurden in Iran leiden besonders unter dem Regime
Aus Echo der Zeit vom 29.11.2022. Bild: Keystone
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Kurden unter Druck Iran beschiesst Kurden – selbst im Irak

Besonders engagiert in der Protestbewegung gegen das iranische Regime sind Kurdinnen und Kurden. Und besonders blutig ist in den kurdischen Gebieten die Antwort der Staatsmacht. Die iranische Armee beschiesst kurdische Stellungen, selbst im benachbarten Irak.

Worum geht es? In der kurdischen Autonomiezone in Irak liegen seit den 1980er-Jahren Rückzugsbasen iranischer kurdischen Oppositionsgruppen. Es gibt Berichte, dass diese kurdischen Parteien im Exil junge Männer rekrutieren, die vor der Repression aus den iranischen Kurdengebieten geflohen sind und nun zu den Waffen greifen.

Wie reagieren die iranischen Sicherheitskräfte? Die «Revolutionsgarden» verlegten gepanzerte Einheiten in die kurdischen Gebiete in Iran, auch direkt an die Grenze zu Irak. Die Stellungen der kurdischen Gruppen jenseits der Grenze wurden schon seit September regelmässig mit Drohnen und Raketen beschossen. Gleichzeitig nutzte das iranische Regime seinen Einfluss auf die irakische Regierung und machte Druck, damit auch die irakische Armee die Grenze besser sichere.

Droht der Bürgerkrieg? «Bis jetzt sind die kurdischen Parteien klug genug gewesen, den bewaffneten Kampf nicht wieder in die Heimat zu tragen», sagt der kurdische Experte Loqman Radpey an der Universität Edinburgh. In einer direkten Konfrontation hätten sie gegen die schweren Waffen des iranischen Regimes keine Chance. Die Oppositionsgruppen geben an, sie seien nur zur Selbstverteidigung bewaffnet. Eine militärische Eskalation in den kurdischen Gebieten käme der Staatsmacht in Teheran wohl auch propagandistisch gelegen. Das Regime behauptet, dass es sich bei der Protestwelle in Iran im Kern nicht um einen Kampf gegen gesellschaftliche Diskriminierung handele, sondern dass Separatisten dahintersteckten, welche den iranischen Staat mit ausländischer Hilfe in seine ethnischen Einzelteile zerlegen wollten.

Kurden auf vier Länder verteilt

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Mit dem Zerfall des Osmanischen Reiches nach dem Ersten Weltkrieg sah sich das kurdische Volk auf vier Staaten verteilt: Türkei, Syrien, Irak, Iran. Die Hoffnung auf einen eigenen Staat währte nicht lange. Vage Versprechen der europäischen Siegermächte wichen schnell wieder gegenteiligen Interessen.

Einzig in Irak wurde der Traum von Selbstbestimmung ein Stück weit Realität: Nach der Zerschlagung des irakischen Zentralstaats durch die amerikanische Invasion 2003 wurde dort eine verfassungsmässig garantierte kurdische Autonomiezone möglich.

Bei der Unterdrückung des kurdischen Strebens war die «Islamische Republik» Irans seit ihrer Gründung vor 43 Jahren besonders skrupellos. Mit gezielten Mordanschlägen gegen die Führungsleute und Massenverhaftungen schwächte Teheran den kurdischen Untergrund entscheidend und trieb die kurdischen Parteien ins irakische Exil.

In die Hände spielt Teheran auch die notorische innerkurdische Zerstrittenheit. Grenzenlos ist die Gastfreundschaft für die kurdischen «Brüder und Schwestern» selbst in der kurdischen Autonomiezone in Irak nicht. Die dortigen kurdischen Parteien verfolgen je ihre eigenen strategischen Interessen, bisweilen sogar im direkten Kontakt mit den Nachbarstaaten Türkei und Iran.

Wie gross ist die Solidarität im Rest Irans? Die Kurdinnen und Kurden fühlen sich in ihrem Kampf gegen Diskriminierung erstmals als Teil einer grösseren gesellschaftlichen Bewegung in Iran. Die Staatspropaganda vom Separatismus der Minderheiten verfange nicht mehr, sagt Loqman Radpey. Doch er bezweifelt, dass die Solidarität im persischen Kernland gross genug ist, um das Regime ernsthaft in Bedrängnis zu bringen.

Was sind die Perspektiven? Der iranische Revolutionsführer Ali Khamenei lobte die Sicherheitskräfte. Sie hätten ihr Leben aufs Spiel gesetzt, um die iranische Bevölkerung vor Randalieren und Staatsfeinden zu schützen. Doch ein Zurück zum Zustand vor dem Tod der jungen Kurdin Mahsa Jina Amini in Gewahrsam der Sittenpolizei werde es in Iran nicht geben, davon zeigen sich viele überzeugt. Auch der kurdische Intellektuelle und Aktivist Radpey. Andererseits: «Was sollen die Menschen mit blossen Händen ausrichten?». Das islamistische Regime in Teheran kämpfe um seine Existenz. Es werde zum Äussersten gehen, um diese zu sichern.

Echo der Zeit, 29.11.2022, 18:00 Uhr

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