Zum Inhalt springen

Lage in Israel Abstimmung zur Justizreform steht bevor – Proteste dauern an

  • In Israel sind am Sonntagabend abermals Zehntausende in verschiedenen Städten auf die Strassen gegangen.
  • Im Parlament hat währenddessen die Debatte über die umstrittene Justizreform begonnen.
  • Nicht nur Gegnerinnen und Gegner demonstrierten. Auch die Befürworterinnen und Befürworter mobilisierten gemäss Agenturberichten mehrere Zehntausend Menschen.

Schon heute Montag könnte im Parlament über die Justizreform abgestimmt werden. Staatspräsident Iza-ak Herzog versuchte im letzten Moment noch einen Kompromiss zwischen Regierung und Opposition zu erreichen.

Am Sonntagabend traf er nach Angaben seines Büros dazu Regierungschef Benjamin Netanjahu. Anschliessend wollte er auch mit den Oppositionsführern Jair Lapid und Benny Gantz zusammenkommen. «Eine Einigung muss erzielt werden», forderte Herzog.

Das Parlament in Jerusalem begann am Sonntag eine Marathonsitzung, um über ein Kernelement der umstrittenen Pläne abschliessend zu beraten. Möglicherweise wird schon an diesem Montag darüber abgestimmt.

Befürworter und Gegner gehen auf die Strasse

Während in der Küstenstadt Tel Aviv Zehntausende Unterstützer des geplanten Justizumbaus zusammenkamen, versammelten sich in der Hauptstadt Jerusalem Zehntausende, die dem Vorhaben ablehnend gegenüberstehen. In Jerusalem hatte zudem am Sonntagmittag eine Demonstration für einen Konsens beider Lager stattgefunden.

Ein Mann schwenkt die israelische Flagge auf der Strasse; um ihn sind Menschen, Autos und Rauch zu sehen.
Legende: Die israelische Polizei setzte Wasserwerfer ein, um die Protestierenden zu zerstreuen (Bild: Jerusalem, 23.07.23) AP Photo/Ohad Zwigenberg

Medienberichten zufolge griffen Befürworter der Justizreform einen Journalisten und dessen Kamerateam aus zunächst ungeklärter Ursache an. Den Angaben nach kamen viele der Demonstranten mit Bussen aus anderen Orten des Landes sowie Siedlungen im besetzten Westjordanland in das als liberal geltende Tel Aviv.

Netanjahu im Spital

Das Treffen von Netanjahu und Herzog fand Medienberichten zufolge im Krankenhaus statt. Der 73-Jährige bekam nur wenige Stunden vor Beginn der Beratungen im Krankenhaus einen Herzschrittmacher eingesetzt. Nach Angaben der Ärzte überstand er den Eingriff gut.

Nahaufnahme von Benjamin Netanjahu
Legende: Regierungschef Netanjahu will nach seiner OP an der Abstimmung im Parlament dabei sein. KEYSTONE/SEBASTIAN SCHEINER (ARCHIV)

Vergangenes Wochenende war Netanjahu überraschend ins Spital eingeliefert worden. Damals hiess es, er sei zu lange ohne Wasser und Kopfbedeckung in der Sonne gewesen. Offen war, ob er rechtzeitig zur Abstimmung in der Knesset sein kann. In einem kurzen Video nach der OP versprach er, dabei zu sein. Erwartet wird, dass er heute Montag aus der Klinik entlassen wird.

Rechtsanwaltskammer will gegen Gesetz vorgehen

Dem höchsten Gericht des Landes soll es mit dem Gesetz nicht mehr möglich sein, eine Entscheidung der Regierung oder einzelner Minister als «unangemessen» zu bewerten.

Kritiker fürchten, dass dies Korruption und die willkürliche Besetzung wichtiger Posten und Entlassungen begünstigt. Die Netanjahu-Regierung wirft der Justiz dagegen vor, sich zu sehr in politische Entscheidungen einzumischen.

Druck auf Regierung aus Reihen des Militärs

Box aufklappen Box zuklappen

Zuletzt nahm auch der Widerstand innerhalb des Militärs zu. Am Samstag kündigten rund 10'000 Reservisten an, nicht mehr zum Dienst zu erscheinen, sollte die Regierung ihre Pläne nicht stoppen.

Berichten zufolge könnte dies die Einsatzbereitschaft des Militärs erheblich beeinträchtigen. Am Freitag hatten bereits mehr als 1000 Reservisten der Luftwaffe mit Dienstverweigerung gedroht.

Der Vorsitzende der Rechtsanwaltskammer, Amit Becher, kündigte an, bei einer Verabschiedung juristisch gegen das Gesetz vorzugehen.

Blick von oben auf Menschenmege, die Transparente hochhält
Legende: In Jerusalem versammelten sich auch Tausende Unterstützer der Justizreform. REUTERS/Oren Alon

SRF 4 News, 23.07.2023, 06:00 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel