Ein hoher Lega-Politiker, der seinem Schwager einen lukrativen, öffentlichen Auftrag zugeschanzt haben soll. Und bei diesem Auftrag geht es auch noch um ein Schweizer Bankkonto, auf dem Geld versteckt wurde. Klassische Zutaten eines Skandals, ist man versucht zu sagen.
Der Gouverneur bestellt beim Schwager
Begonnen hat alles im Frühjahr, als in der Lombardei das Coronavirus wütete und in den Spitälern Notstand herrschte. Damals brauchte die Region dringend Schutzkleidung fürs Spitalpersonal.
Die Region bestellte Schutzanzüge im Wert von rund einer halben Million Euro, ausgerechnet bei einer Firma, die mehrheitlich dem Schwager des amtierenden Gouverneurs gehört. Und zu einem kleineren Teil auch dessen Ehefrau.
Was hat sich Fontana bloss gedacht?
Vetternwirtschaft spielt in Italien immer mal wieder eine Rolle. Das Land ist sensibilisiert fürs Thema. Und darum reibt man sich heute die Augen: Wie konnte es passieren, dass Gouverneur Attilio Fontana das zuliess und nicht sofort die Notbremse zog? Zumal andere Firmen diese Schutzanzüge hätten liefern können. Ihre Besitzer wären nicht mit dem lokalen Regierungschef verbandelt gewesen.
Seither ist Fontana schwer angeschlagen, er reagiert aus der Defensive. Heute sagte er vor dem Regionalparlament, der Auftrag sei rechtzeitig zurückgezogen worden. An seinen Schwager sei kein Euro geflossen. Zuvor hatte er zunächst behauptet, von der Sache nichts gewusst zu haben. Was offenbar nicht zutraf.
Entschädigung für entgangenen Auftrag
Das ist aber noch nicht alles: Fontana wollte seinen Schwager mit einer Geldüberweisung über den Verlust dieses Geschäfts hinwegtrösten. Nur wollte Fontana dieses Geld ausgerechnet von einem Schweizer Bankkonto aus an seinen Schwager überweisen.
Das wiederum rief die Finanzpolizei auf den Plan, die dieses Bankkonto und das Millionenguthaben, das zumindest zeitweise nicht versteuert wurde, nun genau unter die Lupe nimmt.
Es sind alles Fehler, die einem Gouverneur eigentlich nicht passieren dürften. Sie summieren sich zu anderen, die Fontana während der Coronakrise begangen hatte. Damals wollte es seiner Regionalregierung partout nicht gelingen, das Virus unter Kontrolle zu bringen.
Lega hatte schon früher getrickst
Aber auch das ist noch nicht alles: Nicht nur der Gouverneur, sondern die Lega als Ganzes steht unter Druck: 49 Millionen Euro muss die Partei dem Staat in Raten zurückerstatten. Denn diese erkleckliche Summe soll die Partei – gemäss dem letztinstanzlichen Gerichtsurteil – unrechtmässig als Wahlkampfzuschüsse vom Staat bezogen haben.
Die Justiz ermittelt aber auch wegen Geldern, die – so der Verdacht – Vertraute von Lega-Chef Matteo Salvini über ein verdächtiges russisches Ölgeschäft in die Lega-Kasse hatten leiten wollen.
All das ergibt das Bild einer Partei, die an allen Ecken und Enden in Finanzskandale verstrickt ist. Salvini reagiert darauf mit einem Gegenangriff und beschuldigt die Justiz, eine Schlammschlacht gegen die Lega losgetreten zu haben.
Dabei macht es zumindest der Lega-Gouverneur Fontana der Justiz aber auch denkbar einfach. Dass die Regionalverwaltung dem Schwager des Gouverneurs einen Grossauftrag erteilen wollte, mag am Schluss vielleicht sogar legal sein. Politisch instinktlos aber war es gewiss.