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Machtwechsel am UNO-Sitz Tatiana Valovaya übernimmt

Energisch, scharfzüngig: Ob die neue Generaldirektorin den Pass an der UNO-Garderobe in Genf abgibt, bleibt abzuwarten.

Die Russen wollten den Genfer UNO-Spitzenposten unbedingt. Deshalb akzeptierten sie sogar die Bedingung von Generalsekretär Antonio Guterres, sie müssten eine Frau vorschlagen. Guterres versprach bei Amtsantritt, deutlich mehr Frauen in Chefpositionen zu bringen – und hielt Wort.

Deshalb wird die 61-jährige Tatiana Valovaya die neue Nummer eins in Genf. Sie ist Wirtschaftswissenschaftlerin, war früher Journalistin und zuletzt Ministerin bei der von Russland geführten Eurasischen Wirtschaftsgemeinschaft.

UNO als Gegenpol zu den USA

Zu ihren Prioritäten hat sich Valovaya noch nicht geäussert. Doch aus früheren Voten lassen sich Prioritäten ablesen: Sie will stärkere multilaterale Organisationen wie die UNO. Die Wirtschaft sei zwar heute global, doch die internationale Regulierung halte leider nicht mit.

Sie plädiert für eine Reform von UNO-Organen wie der Welthandelsorganisation WTO in Genf. Getreu der Kreml-Lesart verbindet sie mit einer Stärkung der UNO eine Schwächung der Supermacht USA: Washington dürfe nicht länger die Regeln für andere bestimmen. Dafür müsse in der UNO gesorgt werden.

Die energische und scharfzüngige Russin sieht in US-Präsident Donald Trumps Verhalten gegenüber China oder Grossbritanniens Austritt aus der EU letzte Rückzugsgefechte von Mächten, die von den alten Verhältnissen auf der Weltbühne profitierten und sich mit den neuen schwertäten.

Die UNO und die USA unter Trump

Dass Valovaya die Führung am Genfer UNO-Sitz zufiel, hängt in der Tat damit zusammen, dass sich die USA unter Trump in den Vereinten Nationen selber schwächen. Den Menschenrechtsrat haben die USA verlassen. Beim Migrationspakt und beim Klimaabkommen sind sie nicht mehr dabei. In ihrer Genfer UNO-Botschaft ist die Chefstelle seit Monaten vakant. Vielerorts in der UNO treten sie als Bremser in Erscheinung.

Nur noch im Dienste der UNO

Valovaya war gewiss nicht die Favoritin der USA. Trotzdem setzte sie sich durch. Sie war wohl auch nicht die Wunschkandidatin der Schweiz. Für Bundesbern war der abtretende Michael Möller die Traumbesetzung.

Von UNO-Führungsfiguren wird erwartet, den Pass an der Garderobe abzugeben und fortan nur noch UNO-Interessen zu verteidigen. Manchen gelingt das, anderen weniger. Ex-Generalsekretär Ban Ki-Moon etwa wurde vorgeworfen, seine Heimat Südkorea zu sehr im Herzen zu tragen – wohl auch, weil er dort nach seiner UNO-Zeit das Präsidentenamt anstrebte.

Vorgänger Möller – der Traum-Unokrat

Der Däne Michael Möller entsprach dem Muster eines sogenannten Unokraten: Vier Jahrzehnte lang in UNO und anderen internationalen Diensten, vielsprachig und gewiss kein Interessenvertreter Dänemarks. Er öffnete die UNO in Genf, brachte sie stärker nach Genf.

Im Interview mit dem Westschweizer Fernsehen betonte er, die Schweiz sei keine Insel, liege nicht etwas abseits, vielmehr im Herzen der Welt. Für Möller fallen in New York zwar die UNO-Entscheide. Genf sei hingegen die Operationszentrale. Möller setzte Signale, indem er etwa dem Weltmedienkongress das UNO-Gastrecht anbot.

Riesig ist der Handlungsspielraum eines UNO-Chefs in Genf nicht, aber Akzente setzen können sie schon. Dass die dem russischen Präsidenten Putin nahestehende Valovaya dies wie Möller bei der Pressefreiheit tut, ist unwahrscheinlich. Und ob sie primär als Russin auftritt oder als UNO-Repräsentatin und sich ebenso sehr für das UNO-Genf einsetzt, ist offen.

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