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Menschenrechts-Hochkommissarin Idealbesetzung Bachelet hat genug vom heissen Stuhl bei der UNO

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Archiv: Wenig Ergebnisse bei Bachelets Besuch
Aus Tagesschau vom 28.05.2022.
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Die UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte, die Chilenin Michelle Bachelet, hat genug. Sie kandidiert nicht für eine zweite Amtszeit. Im Sommer tritt sie ab, aus persönlichen Gründen, wie sie sagt. Doch das dürfte nur ein Teil der Wahrheit sein. Bachelet war in den letzten Wochen für eine China-Reise international scharf kritisiert worden.

Die Ankündigung kam fast beiläufig. Sie trete übrigens zum letzten Mal vor dem UNO-Menschenrechtsrat auf, erklärte die Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet. Anders als viele erwartet hatten, strebt sie also keine zweite Amtszeit an. Aus privaten Gründen, erklärte sie später vor der Presse, sie wolle wieder in ihrer Heimat Chile leben.

Sie galt zunächst als Idealbesetzung

Doch amtsmüde wirkte Michelle Bachelet, obschon siebzigjährig, eigentlich nicht. Die Ärztin und zweimalige chilenische Präsidentin leitete später die UNO-Organisation für Frauen und steht seit vier Jahren dem Hochkommissariat für Menschenrechte vor. Für dieses galt sie zunächst als Idealbesetzung: Ihr Vater war ein Opfer des Pinochet-Regimes, sie selber wurde gefoltert, musste ausser Landes fliehen. Sie brachte zudem politisches Gewicht auf die Waage, ist weltweit bestens vernetzt.

Zu sehr Politikerin, zu wenig Kämpferin?

Doch die Kritik an ihr wurde seit Monaten immer lauter. Sie verurteile zwar Menschenrechtsverletzungen in kleinen Ländern. Doch bei den Grossmächten habe sie Beisshemmungen. Sie sei zu sehr Politikerin und zu wenig Kämpferin für die Menschenrechte. Im Ukraine-Krieg nannte sie die Missstände ungeschönt. Vom Täter, von Russland, sprach sie kaum.

Doch nichts schadete ihr so sehr wie ihr Umgang mit China. Den mutmasslich kritischen Bericht ihrer eigenen Behörde über die Unterdrückung der muslimischen Uiguren Chinas hielt sie monatelang zurück. Beim Besuch Ende Mai in der chinesischen Provinz Xinjiang liess sie sich von den Chinesen vorführen. Menschenrechtsorganisationen, Medien und Staaten, nicht zuletzt die USA, griffen sie scharf an. Und nicht immer fair: Bachelet machte auf ihrer Reise nicht alles richtig, aber auch nicht alles falsch. Sie unterschätzte wohl, wie Pekings Staatspropaganda ihren Besuch ausschlachten würde. Das war naiv.

Das heikelste Spitzenmandat im UNO-Apparat

Jedenfalls ist Michelle Bachelet nun eine weitere UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte, die nur für eine Amtszeit bleibt. Als Einzige hängte zuvor die Südafrikanerin Navi Pillay noch eine halbe Amtsperiode an; doch gerade sie hinterliess kaum Spuren. All jene, die forscher auftraten, wie die Irin Mary Robinson, die Kanadierin Louise Arbour und vor allem der Jordanier Zeid al-Hussein, der auch die Grossmächte nicht mit Samthandschuhen anfasste, hatten nach vier Jahren genug – oder man hatte von ihnen genug.

Es gibt im ganzen UNO-Apparat kein heikleres Spitzenmandat als gerade dieses. Sind die Amtsinhaber zu diplomatisch oder zu mutlos, stellen Menschenrechtsorganisationen und Medien sie an den Pranger. Sind sie zu direkt, laufen die kritisierten Staaten Amok. Die Menschenrechte stehen weltweit gewaltig unter Druck. So wird der Chefposten im noblen Palais Wilson im Genf zum heissen Stuhl.

Fredy Gsteiger

Fredy Gsteiger

Diplomatischer Korrespondent

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Fredy Gsteiger ist diplomatischer Korrespondent und stellvertretender Chefredaktor bei Radio SRF. Vor seiner Radiotätigkeit war er Auslandredaktor beim «St. Galler Tagblatt», Nahost-Redaktor und Paris-Korrespondent der «Zeit» sowie Chefredaktor der «Weltwoche».

SRF4 News, 13.6.2022, 13:30 Uhr

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