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Migrationspolitik in Italien Flüchtlingscamp auf Lampedusa wird geräumt

Im Lager auf der italienischen Mittelmeerinsel herrscht Platznot. Dabei kommen weniger Migranten an als auch schon.

Was ist das Problem auf der italienischen Insel? Im Flüchtlingscamp auf Lampedusa hat es eigentlich Platz für 350 Menschen. Letzte Woche waren jedoch rund 1800 Menschen dort. Und diese Woche werden vermutlich viele neue Flüchtende auf der italienischen Insel ankommen.

Eigentlich sollten die Ankommenden nicht lange dort bleiben. Das Lager ist deshalb bewusst klein gehalten. Die Idee ist, dass sie schnell in andere Camps in Italien gebracht werden. Die Behörden müssen deshalb Platz schaffen und die geflüchteten Menschen rasch weiterverteilen.

Wie schreitet die Räumung des Camps voran? Begonnen hat die Räumung schon am Wochenende, wie SRF-Italien-Korrespondent Philipp Zahn weiss. «Eigentlich sollten die letzten gut 200 Migrantinnen und Migranten heute noch per Schiff auf den italienischen Kontinent, vor allem nach Sizilien, gebracht werden.» In den letzten zwei Tagen hätten die italienische Marine mit einem Landungsschiff und die Küstenwache die völlig überfüllte Aufnahmestation geleert.

Wie kam es zur Überfüllung des Lagers? Zum einen seien wieder sehr viele Menschen übers Meer gekommen, sagt Zahn. «Vor allem Menschen aus Tunesien. Das sind Migrantinnen und Migranten, die keinen Aufenthaltsstatus in Italien haben und das Land wieder verlassen müssen.»

Die Verträge mit der Genossenschaft sollen ausgelaufen sein und es gab zu wenig Polizeipersonal.
Autor: Philipp Zahn SRF-Italien-Korrespondent

Zum anderen gab es offenbar Probleme mit der Leitung des Aufnahmezentrums: «Die Verträge mit der Genossenschaft sollen ausgelaufen sein und es gab zu wenig Polizeipersonal.» Deshalb habe auch die Polizeigewerkschaft letzte Woche einen Hilferuf ans Innenministerium in Rom gerichtet, wonach die Situation auf Lampedusa zügig verbessert werden müsse.

Viele Männer abends vor einem Gebäude, Matratzen am Boden
Legende: In sozialen Medien kursieren Bilder vom überfüllten und zugemüllten Camp. Die UNO-Organisation für Migration spricht von einer «Schande». Reuters/Archiv

Wie schlimm war die Lage zuletzt vor Ort? Die ehemalige Bürgermeisterin von Lampedusa, Giusi Nicolini, sprach von Zuständen, die man eigentlich nur aus Libyen kenne. Die Menschen mussten demnach zwischen Unrat schlafen, die Toiletten waren verstopft, die Küchen verunreinigt. «Es gab auch schwangere Frauen. Es war wirklich eine menschenunwürdige Situation», so der Korrespondent.

Die Fragen, die sich stellten, seien: Ist das politisch gewollt? Wurde das provoziert? Will man damit aufmerksam machen auf die Migrationssituation in Italien? «Da gibt es noch viele Fragezeichen. Und es wird auch weiter darüber diskutiert.»

Wie reagiert die Bevölkerung Lampedusas darauf? Sie sei «sehr verärgert», sagt Zahn, da die Hochsaison angefangen habe und man solch menschenunwürdige Zustände nicht «in Sichtweite zu den Ferienstränden» haben wolle.

Steigende Zahlen auf tiefem Niveau

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Die aktuellen Flüchtlingszahlen sprechen nicht dafür, dass es auf Lampedusa zu so einer ernsten Lage kommen konnte. «Denn auch wenn dieses Jahr die Migrationszahlen etwas höher sind als im letzten Jahr und die Coronajahre dafür gesorgt haben, dass sehr wenig Menschen gekommen sind, ist es kein Vergleich zu den hohen Zahlen vor einigen Jahren», sagt Philipp Zahn. Damals seien sie dreimal so hoch gewesen wie jetzt. «Italien ist also schon mit ganz anderen Zahlen umgegangen.» Man könne deshalb nicht verstehen, warum es jetzt überhaupt zu dieser Krise gekommen ist.

Rückt die Migration wieder in den Mittelpunkt? «Absolut», sagt der langjährige Italien-Kenner. «Matteo Salvini, der mit seiner Lega Teil von Mario Draghis Regierung ist und auch schon als Innenminister für seine harte Gangart bekannt war, hat schon angekündigt, dass er in den nächsten Tagen nach Lampedusa gehen möchte, um der Inselbevölkerung seine Solidarität auszudrücken.» Dabei werde er sich sicher gegen die weitere Aufnahme von Flüchtenden über das Mittelmeer aussprechen. «Ganz klar auch, dass in der Regierungskoalition darüber ein Streit ausbrechen kann.»

SRF 4 News, 12.07.2022, 06:40 Uhr ; 

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