- In Burma sind die De-Facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi und weitere hochrangige Mitglieder der Regierungspartei vom Militär festgesetzt worden.
- Nach der Machtübernahme wurde nun die Regierung neu zusammengestellt.
- Das elfköpfige Kabinett besteht nur noch aus Generälen, ehemaligen hochrangigen Soldaten und Politikern einer vom Militär gestützten Partei.
Die Streitkräfte hatten am Montag einen einjährigen Ausnahmezustand über das südostasiatische Land mit seinen knapp 54 Millionen Einwohnern verhängt. Die Flughäfen wurden gesperrt. Berichte über Gewalt gab es bislang aber nicht. Der frühere Armeechef General Min Aung Hlaing – schon lange ein Gegenspieler Suu Kyis – hat die oberste Befehlsgewalt übernommen. Das Militär war in Burma bereits fast ein halbes Jahrhundert an der Macht.
Auf den Strassen der Hauptstadt Naypyidaw und der grössten Stadt Yangon (Rangun) patrouillieren Soldaten. Telefonleitungen und das Internet in Naypyidaw sind Berichten zufolge gekappt. Berichte über gewaltsame Zwischenfälle gibt es derzeit nicht. Die Regierungspartei und Suu Kyi rufen derweil zu Protesten auf.
Spannungen nach Wahlsieg von Suu Kyi
Suu Kyi hatte sich bei der jüngsten Parlamentswahl im November eine zweite Amtszeit gesichert. Ihre Partei holte nach offiziellen Angaben die absolute Mehrheit, die Wahlbeteiligung lag über 70 Prozent. Das Militär weigerte sich jedoch, das Ergebnis anzuerkennen und stellt sich auf den Standpunkt, die Wahlen hätten wegen der Pandemie nicht stattfinden dürfen.

UNO-Generalsekretär António Guterres verurteilt die Übernahme der Macht und die Aufhebung der Gewaltenteilung durch das Militär: «Diese Entwicklungen bedeuten einen schweren Schlag für die demokratischen Reformen in Myanmar». Die NLD habe bei der Wahl ein «starkes Mandat» des Volkes in Burma bekommen.
Auch die USA und viele anderen Staaten verurteilen den Putsch scharf. EU-Ratspräsident Charles Michel etwa fordert die Freilassung aller Festgesetzten: «Das Ergebnis der Wahlen muss respektiert und demokratische Prozesse müssen wiederhergestellt werden.»
Die EU droht auch mit Konsequenzen: «Wir stehen mit unseren internationalen Partnern (...) in Kontakt, um eine koordinierte Reaktion zu gewährleisten», erklärt der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell.
Suu Kyi war auf Militär angewiesen
Auch nach der Wahl blieb Suu Kyi auf das Militär angewiesen. Ein Viertel der Sitze in den Parlamentskammern blieb für die Streitkräfte reserviert. So steht es in der Verfassung von 2008, welche die Junta aufgesetzt hatte, um nicht ganz entmachtet zu werden.

Wegen einer anderen Klausel konnte Suu Kyi nicht Präsidentin werden, sondern regierte Burma als Staatsrätin und somit als De-Facto-Regierungschefin. Ohne das Militär sind auch Verfassungsänderungen nicht möglich, zudem kontrollierte es bislang schon die wichtigsten Ministerien.
Suu Kyi ist international umstritten
Nach einem Putsch im Jahr 1962 stand das Land fast ein halbes Jahrhundert lang unter einer Militärherrschaft. Suu Kyi setzte sich in den 1980er-Jahren für einen gewaltlosen Demokratisierungsprozess ein und wurde deshalb 15 Jahre unter Hausarrest gestellt. 1991 erhielt sie für ihren Einsatz den Friedensnobelpreis.
Im eigenen Land ist die Politikerin sehr beliebt. International ist die frühere Freiheitsikone mittlerweile aber wegen ihres immer autoritäreren Regierungsstils umstritten.
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