Die Monarchie erweist sich als widerstandsfähig. Zwar wird dem ehemaligen britischen Prinzen Andrew sexueller Missbrauch vorgeworfen. Zwar hat das Königshaus lange zugewartet mit dem Entzug von Titeln und Privilegien – und doch geht niemand davon aus, dass der Skandal die britische Monarchie in Bedrängnis bringen wird.
«Mir scheint, dass wir Skandale verzeihen, wenn wir mit der Monarchie insgesamt zufrieden sind und sie erhalten wollen», sagt die britische Historikerin und Monarchie-Expertin Kate Williams. Es gebe jedoch eine andere Entwicklung, die der Monarchie gefährlich werden könnte.
Doch der Reihe nach. Ein Dutzend Monarchen gibt es in Europa, und trotz unzähliger Skandale und der hohen Kosten vieler Königshäuser erreichen die meisten Zustimmungswerte, von denen gewählte Politikerinnen und Politiker nur träumen können.
Warum Monarchien trotz Skandalen beliebt bleiben
Denn die Monarchie ist das Chamäleon unter den Staatsformen. Immer wieder hat sie sich gesellschaftlichen Trends und politischen Gegebenheiten angepasst. Früher hielten die Monarchen Hof, heute haben sie Millionen von Followern auf Instagram und Facebook. Früher erschienen sie gottähnlich, heute geben sie sich als Volksdiener.
Die meisten europäischen Monarchien sind mittlerweile parlamentarische: Die Macht liegt beim Parlament und der Regierung, der König ist Symbolfigur. Anders in Liechtenstein oder Monaco, wo die Monarchen noch immer Macht ausüben. So kann Erbprinz Alois in Liechtenstein neue Gesetze mit seinem Veto verhindern.
Im Interview mit SRF sagt Erbprinz Alois, ein moderner Monarch gebe «Orientierung und Halt». Tatsächlich gilt der Wunsch nach Beständigkeit und Überparteilichkeit als Hauptargument für die Monarchie. Gerade in Zeiten politischer Polarisierung und autoritärer Machtansprüche sehnen sich viele Menschen nach einem gutmütigen König, der versöhnliche Reden hält.
Die Monarchie ist aber auch ein Geschäftsmodell. Dem britischen Königshaus fliessen dieses Jahr Steuergelder in der Höhe von umgerechnet 140 Millionen Franken zu. Die touristischen Mehreinnahmen sollen sich Schätzungen zufolge auf bis zu 1.6 Milliarden belaufen. Schliesslich gelten die Royals und ihre Paläste als eine der Megaattraktionen.
«Es gibt auch einen Soft-Power-Faktor», sagt Politikwissenschaftler Robert Hazell, «eine Monarchie hat Glamour, das haben Präsidenten nicht». Donald Trump war bekanntlich versessen darauf, als erster amerikanischer Präsident einen zweiten Staatsbesuch bei König Charles zu bekommen. Die Strahlkraft der britischen Krone, meint Hazell, helfe auch der britischen Regierung in ihrer Aussenpolitik.
Wenn Meinung zum Risiko wird
Was, wenn nicht Skandale, können einer europäischen Monarchie gefährlich werden? Für den Politikwissenschaftler Andrew Blick ist die zunehmende Polarisierung nicht nur ein Argument für die Monarchie, sondern kann sich auch gegen sie wenden.
So nehmen es einige Britinnen und Briten dem König übel, dass er sich für den Klimaschutz, die Ukraine und den Dialog mit dem Islam einsetzt. «Wenn der Monarch auf der einen oder anderen Seite wahrgenommen wird», meint Blick, «kann auch er ins Visier geraten». Die moderne Monarchie, sagt die Historikerin Williams, nutze die Demokratie als Daseinsberechtigung. «In Europa», vermutet sie, «würde die Monarchie untergehen, wenn die Demokratie untergeht».
Oder aber die Monarchie würde sich, einem Chamäleon gleich, wieder einmal den neuen Gegebenheiten anpassen.