«Adel verpflichtet» heisst ein geflügeltes Wort. Blättert man sich durch den Boulevard, scheint es eher ein Fremdwort für die Blaublüter zu sein:
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                Bild 1 von 3. Prinz Harry, der im Nazi-Kostüm zur Halloween-Party erschien. Der Netflix-Hit «The Crown» machte die Kontroverse zu seinem grossen Finale …. Bildquelle: Getty Images/Bruno Vincent.
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                Bild 2 von 3. Ernst August von Hannover, den die «Bild»-Zeitung zum «Pinkelprinz» krönte, nachdem er sich am Rande der Expo erleichtert hatte …. Bildquelle: Bild-Zeitung.
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                Bild 3 von 3. Der spanische König Juan Carlos, der bei der Elefantenjagd stürzte und sich die Hüfte brach. Sein Amt als Ehrenpräsident des WWF war er los. Bildquelle: Getty Images/Carlos Alvarez.
Unentschuldbar, finden die einen. Allzu menschlich, die anderen. Schliesslich hat jede Familie ihre Querulanten. Oder die, die dazu gemacht werden. Und zur Ehrenrettung der Royals sei gesagt: Wer sich vorbildlich verhält, macht kaum Schlagzeilen.
Mitleid mit der Krone – kein Erbarmen mit Andrew
Bei Prinz Andrew herrscht allerdings Einigkeit: Seine Verwicklung in den Epstein-Missbrauchsskandal ist keine royale Posse. Auch für ihn gilt die Unschuldsvermutung.
Der Schaden, den er der britischen Krone zugefügt hat, ist aber unbestritten. Nun zieht König Charles die Reissleine: Er entzieht seinem Bruder alle Adelstitel und Ehrenrechte.
Fast schon tröstend kommentiert die «New York Times»: «Monarchie ist eine Lotterie. Manchmal erwischt man eine Niete.» Kein Mitleid kennt «The Sun»: «Verstossen in Schande – alle Titel weg, verbannt aus der Lodge.»
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                Bild 1 von 3. «The Andrew formerly known as Prince» (deutsch: «Andrew, der einmal als Prinz bekannt war»): Das britische Revolverblatt mit einer treffsicheren Schlagzeile – in Anlehnung an das Musikgenie «Prince», das einst seinen Namen ablegte. Bildquelle: The Sun.
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                Bild 2 von 3. «Endlich», schreibt der «Daily Mirror». Viele Menschen in Grossbritannien dürften ihm beipflichten. Bildquelle: Daily Mirror.
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                Bild 3 von 3. Auch die seriösere Presse findet klare Worte: «Andrew erniedrigt», schreibt «The Independent». «The iPaper» spricht von einem «historischen Schritt, um die Monarchie zu retten.». Bildquelle: The Independent.
Charles verstösst also seinen Bruder, wenn man der britischen Presse glaubt. Aber warum gerade jetzt? «Der Druck wurde schlicht zu gross», schätzt Patrik Wülser, SRF-Korrespondent in London. «Und wahrscheinlich ist auch der Unmut des Königs gewachsen.»
Der tiefe Fall des Prinzen
Wie gross dieser Druck wurde, zeigte sich in den sozialen Medien, wo sich eine Empörungswelle über Andrew ergoss. Auch die britische Politik forderte das Königshaus auf, endlich Konsequenzen zu ziehen.
Zuletzt wurde auch der historische Besuch von König Charles beim Papst von den Vorgängen überschattet. «Mit jedem Tag beschädigten die Schlagzeilen über Andrew die Monarchie ein bisschen mehr», sagt Wülser.
Andrew verliert seine Titel, sein Einkommen, sein Zuhause. Und wird, wie der Palast mitteilt, auf den Sandringham Estate in Norfolk «verbracht». Eine seltsame Wortwahl, findet der SRF-Korrespondent. «Das erinnert ein wenig an eine Verbannung, eine Exilierung, wie seinerzeit bei Napoleon.»
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                Bild 1 von 2. Seit 2003 residierte Andrew in der Royal Lodge im Windsor Great Park, einem Anwesen mit 30 Zimmern. Königin Elisabeth II. hatte ihrem Sohn das Recht gewährt, sich dort niederzulassen. Bildquelle: Keystone/EPA/Tolga Akmen.
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                Bild 2 von 2. Nun wird Andrew in die englische Provinz ziehen. Im Landsitz Sandringham lebt es sich aber auch nicht schlecht. Bild: Royale Gartenparty 2012 vor dem Anwesen in Norfolk. Bildquelle: Getty Images/WPA Pool.
Aber ist der Entzug der royalen Privilegien Strafe genug für Andrew? Nein, findet etwa der einflussreiche US-Kommentator Lawrence O’Donnell: «Was würde Jeffrey Epstein getan haben, wenn er zwischen einer Namensänderung und einer Haftstrafe als Kinderschänder hätte wählen können?»
Die Familie von Virginia Giuffre spricht in einem Statement von einem «Sieg»: «Ein amerikanisches Mädchen aus einer gewöhnlichen amerikanischen Familie hat heute einen Prinzen zu Fall gebracht.» Gleichzeitig sagt ihr Bruder Sky Roberts gegenüber der BBC: «Wir müssen einen Schritt weitergehen. Andrew gehört hinter Gitter. Punkt.»
Auch in Grossbritannien werden Stimmen laut, die weitere Untersuchungen fordern. Ob die Akte Andrew für das Königshaus geschlossen ist, ist ebenfalls fraglich. «Denn Republikanerinnen und Republikaner wittern Morgenluft, um diese seltsame Institution der Monarchie zu hinterfragen», schliesst SRF-Korrespondent Wülser.
 
            