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Reaktionen zum Royal-Drama «Verstossen in Schande»: Prinz Andrew schrumpft zum Normalbürger

König Charles macht seinen Bruder zu «Andrew Mountbatten Windsor». Das britische Königreich atmet einmal tief durch.

«Adel verpflichtet» heisst ein geflügeltes Wort. Blättert man sich durch den Boulevard, scheint es eher ein Fremdwort für die Blaublüter zu sein:

Unentschuldbar, finden die einen. Allzu menschlich, die anderen. Schliesslich hat jede Familie ihre Querulanten. Oder die, die dazu gemacht werden. Und zur Ehrenrettung der Royals sei gesagt: Wer sich vorbildlich verhält, macht kaum Schlagzeilen.

Mitleid mit der Krone – kein Erbarmen mit Andrew

Bei Prinz Andrew herrscht allerdings Einigkeit: Seine Verwicklung in den Epstein-Missbrauchsskandal ist keine royale Posse. Auch für ihn gilt die Unschuldsvermutung.

Der Schaden, den er der britischen Krone zugefügt hat, ist aber unbestritten. Nun zieht König Charles die Reissleine: Er entzieht seinem Bruder alle Adelstitel und Ehrenrechte.

Andrew und Charles bei einer Beerdigung (16.9.2025)
Legende: Andrew wird künftig als Andrew Mountbatten Windsor bekannt sein. Laut britischen Medien soll er keine Einwände gegen die Entscheidung des Königs gehabt haben. Getty Images/Christ Jackson

Fast schon tröstend kommentiert die «New York Times»: «Monarchie ist eine Lotterie. Manchmal erwischt man eine Niete.» Kein Mitleid kennt «The Sun»: «Verstossen in Schande – alle Titel weg, verbannt aus der Lodge.»

Charles verstösst also seinen Bruder, wenn man der britischen Presse glaubt. Aber warum gerade jetzt? «Der Druck wurde schlicht zu gross», schätzt Patrik Wülser, SRF-Korrespondent in London. «Und wahrscheinlich ist auch der Unmut des Königs gewachsen.»

Der tiefe Fall des Prinzen

Wie gross dieser Druck wurde, zeigte sich in den sozialen Medien, wo sich eine Empörungswelle über Andrew ergoss. Auch die britische Politik forderte das Königshaus auf, endlich Konsequenzen zu ziehen.

Die Royal Family in einer Aufnahme von 2019.
Legende: «Die Totaldegradierung des Bruders von King Charles und Lieblingssohns der verstorbenen Queen – das ist eine enorme Fallhöhe», sagt SRF-Korrespondent Patrik Wülser. Getty Images/Chris Jackson

Zuletzt wurde auch der historische Besuch von König Charles beim Papst von den Vorgängen überschattet. «Mit jedem Tag beschädigten die Schlagzeilen über Andrew die Monarchie ein bisschen mehr», sagt Wülser.

Memoiren von Epstein-Opfer belasten Andrew

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Das Buch von Virginia Giuffre
Legende: Getty Images/PA Images/James Manning

Prince Andrew leistete sich in seinem Leben schon viele Eskapaden. Seine Freundschaft zum verurteilten Sexualstraftäter Jeffrey Epstein wird ihm nun aber zum Verhängnis. Zumal schwere Vorwürfe gegen Andrew im Raum stehen.

Virginia Roberts Giuffre schildert ihn ihren Memoiren, wie sie von Epstein als Sexklavin gehalten wurde. Und sie beschreibt– in Kenntnis vieler Details – Sexualkontakte mit Prinz Andrew. Die Kronzeugin nahm sich ein halbes Jahr vor der Veröffentlichung des Buches das Leben.

Andrew verliert seine Titel, sein Einkommen, sein Zuhause. Und wird, wie der Palast mitteilt, auf den Sandringham Estate in Norfolk «verbracht». Eine seltsame Wortwahl, findet der SRF-Korrespondent. «Das erinnert ein wenig an eine Verbannung, eine Exilierung, wie seinerzeit bei Napoleon.»

Aber ist der Entzug der royalen Privilegien Strafe genug für Andrew? Nein, findet etwa der einflussreiche US-Kommentator Lawrence O’Donnell: «Was würde Jeffrey Epstein getan haben, wenn er zwischen einer Namensänderung und einer Haftstrafe als Kinderschänder hätte wählen können?»

Die Familie von Virginia Giuffre spricht in einem Statement von einem «Sieg»: «Ein amerikanisches Mädchen aus einer gewöhnlichen amerikanischen Familie hat heute einen Prinzen zu Fall gebracht.» Gleichzeitig sagt ihr Bruder Sky Roberts gegenüber der BBC: «Wir müssen einen Schritt weitergehen. Andrew gehört hinter Gitter. Punkt.»

Auch in Grossbritannien werden Stimmen laut, die weitere Untersuchungen fordern. Ob die Akte Andrew für das Königshaus geschlossen ist, ist ebenfalls fraglich. «Denn Republikanerinnen und Republikaner wittern Morgenluft, um diese seltsame Institution der Monarchie zu hinterfragen», schliesst SRF-Korrespondent Wülser.

Rendez-vous, 31.10.2025, 12:30 Uhr;liea

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