Vollbeladene Frachter und Tanker aus aller Welt fahren auf dem Bosporus durch Istanbul, auf ihrem Weg vom Mittelmeer ins Schwarze Meer und umgekehrt. Kriegsschiffe aus anderen Ländern als der Türkei kommen nicht mehr vorbei, seit Ankara vor drei Monaten die internationalen Gewässer der Meerenge wegen des Ukraine-Krieges gesperrt hat.
Ein Recht, das ihr in Kriegszeiten durch das Montreux-Abkommen von 1936 zusteht. Mit der Sperrung des Bosporus habe die Türkei vermutlich Odessa gerettet, sagen ukrainische Diplomaten, weil Russland keine weiteren Kriegsschiffe aus seiner Pazifikflotte ins Schwarze Meer holen konnte.
Der Bosporus ist für Kriegsflotten gesperrt, aber die Handelsschifffahrt geht ungestört weiter.
Anders sei es mit russischen Waffentransporten, sagt Sicherheitsexperte Yörük Isik von der Denkfabrik Middle East Institute: «Der Bosporus ist für Kriegsflotten gesperrt, aber die Handelsschifffahrt geht ungestört weiter.»
Zivile Schiffe mit Waffen vermutet
Das sei der Trick: «Die russische Kriegsmarine setzt Handelsschiffe ein. Sowohl zivile Schiffe von Oboronlogistika, dem Logistikunternehmen des russischen Verteidigungsministeriums, als auch andere zivile Schiffe transportieren Rüstungsgüter für Russland durch den Bosporus – Waffen und logistisches Material, und zwar in beide Richtungen.»
Auch andere zivile Schiffe transportieren Rüstungsgüter für Russland durch den Bosporus – Waffen und logistisches Material, und zwar in beide Richtungen.
Kenner der russischen Politik überrascht das nicht. Kerim Has, Experte für russisch-türkische Beziehungen, sagt: «Es stimmt wahrscheinlich, dass Russland mit zivilen Schiffen militärisches Material und Personal durch den Bosporus transportiert. Russland erleidet in der Ukraine schwere Verluste und betrachtet den Krieg als überlebenswichtig.»
Es kann es gut sein, dass die russischen Truppen in der Ukraine mit Nachschub aus Syrien und Libyen verstärkt werden.
Es könne deshalb gut sein, dass die russischen Truppen in der Ukraine mit Nachschub aus Syrien und Libyen verstärkt werden – sowohl auf diesem Weg als auch durch den Luftraum am Kaspischen Meer, so Has.
Auch von Novorosissk nach Syrien
Von Kaliningrad in der Ostsee nach Novorossisk am Schwarzen Meer gehen Lieferungen, wie Isik feststellt. Er arbeitet mit Dutzenden weiteren Beobachtern zusammen, um den Weg dieser Schiffe durch die Weltmeere zu verfolgen und die Ladungen zu ermitteln.
Das kann komplex sein und lange dauern, doch am Bosporus ist es relativ einfach. Dort fahren die Schiffe mitten durch Istanbul.
Allein das russische Verteidigungsministerium hat sechs oder sieben Schiffe hier im Einsatz.
Die geladenen Fahrzeuge oder Spezialcontainer kann Isik von seinem Fenster aus fotografieren: «Wir sprechen hier von mindestens einem Dutzend Schiffen, die regelmässig durch den Bosporus fahren. Allein das russische Verteidigungsministerium hat sechs oder sieben Schiffe hier im Einsatz.»
Zusammen mit den anderen Schiffen, die im Auftrag des Ministeriums fahren, sind es wohl bis zu 18 Schiffe, die hier verkehren.
Isik sagt weiter: «Zusammen mit den anderen Schiffen, die im Auftrag des Ministeriums fahren, sind es wohl bis 18 zu Schiffe, die hier verkehren.»
Einige kann Isik namentlich benennen, darunter die Pizhma, die Sparta 2 und die Ursa Major. Darin decken sich seine Informationen mit denen ukrainischer Diplomaten in der Türkei.
Erdogan braucht russisches Geld
Die Ukraine würde es gerne sehen, wenn die Türkei sich diese Schiffe und ihre Fracht näher ansehen würde, heisst es in diplomatischen Kreisen. Experte Has ist skeptisch: «Erdogan kann es sich nicht leisten, sich mit Moskau anzulegen oder die Beziehungen zu Russland zu gefährden. Die türkische Tourismus-Saison hat begonnen.»
Er stellt fest: «Erdogan will russisches Geld aus den westlichen Sanktionen in die krisengeschüttelte türkische Wirtschaft holen. Zudem erlaubt es das Montreux-Abkommen der Türkei nicht, die zivilen Schiffe von Anrainerstaaten zu inspizieren. Ich denke, die Türkei wird zumindest bis auf Weiteres einfach die Augen davor verschliessen.»