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Tschetschene nahe Wien erschossen
Aus SRF 4 News aktuell vom 06.07.2020. Bild: Keystone/sda
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Mord an Tschetschenen im Exil «Niemand, der sich gegen Kadyrow stellt, ist sicher»

Am Wochenende ist ein Mann aus Tschetschenien in der Nähe von Wien erschossen worden. Im letzten Jahr kam es auch in Deutschland, Frankreich und Schweden zu mutmasslichen Mordanschlägen auf Dissidenten. Kadyrows «eiserne Hand», wie SRF-Korrespondent David Nauer sie nennt, reicht offenbar bis nach Europa.

SRF News: Wer war der Mann, der auf offener Strasse erschossen wurde?

David Nauer: Er war eine schillernde Figur. Einst war er in Tschetschenien politisch aktiv, musste fliehen und lebte seit 2007 in Österreich als anerkannter Flüchtling.

Der Ermordete stellte sich als Teil einer tschetschenischen Mord-Maschinerie dar, aus der er aussteigen wollte.

In den letzten Monaten hat er eine Reihe spektakulärer Aussagen gemacht. Er stellte sich als Teil einer tschetschenischen Mord-Maschinerie dar, aus der er aussteigen wollte.

Gibt es Reaktionen auf diesen Mord?

In kritischen russischen Medien wird er mit der politischen Haltung des Opfers in Zusammenhang gebracht, mit seiner Feindschaft zu Ramsan Kadyrow, dem tschetschenischen Herrscher. Ähnlich sehen das Exil-Tschetschenen. Sie sagen aber, dass der Getötete nicht ein feinsinniger Dissident gewesen sei. Er habe in seinem Blog Kadyrow persönlich in wüster Sprache beleidigt. Bei aller Furcht, dass es zu weiteren Anschlägen kommen könnte, distanzieren sich einige Exil-Tschetscheninnen und -Tschetschenen von dem Getöteten.

Letztes Jahr kam es in Deutschland, Frankreich und Schweden zu ähnlichen Taten. Sehen Sie bestimmte Gemeinsamkeiten?

Sie bestehen darin, dass die Opfer in allen Fällen Männer waren, die Kadyrow kritisiert haben. Es gibt in allen Fällen Spuren der Täter, die nach Moskau führen, respektive direkt nach Tschetschenien. Man bekommt den Eindruck, dass gezielt Kadyrows Gegner ausgeschaltet werden sollen. Es geht nicht nur darum, diese Leute zu treffen, sondern den Tschetschenen zu signalisieren, dass niemand sicher ist, nirgendwo, sobald er sich gegen Kadyrow stellt.

Polizei am Tatort
Legende: Ein 43-jähriger Asylbewerber aus Tschetschenien ist am Samstagabend in Gerasdorf in der Nähe von Wien erschossen worden. Ein Landsmann wurde nach einer Verfolgungsjagd in Linz festgenommen, wie die Polizei am Sonntag meldete. Keystone

Tschetschenien ist eine Teilrepublik Russlands. Es scheint, dass der Kreml Kadyrow freie Hand lässt. Warum?

Tschetschenien ist quasi ein Staat im Staat, in dem die russische Verfassung nicht mehr wirklich gilt, vor allem, was Menschenrechte, Frauenrechte oder Rechte von sexuellen Minderheiten betrifft. Es gibt glaubwürdige Berichte, dass schwule Männer eine Zeit lang in Tschetschenien willkürlich gefoltert und umgebracht wurden.

Es gibt in allen Fällen Spuren der Täter, die nach Moskau führen, respektive direkt nach Tschetschenien.

Man hat den Eindruck, dass Kadyrow und der Kreml eine Abmachung haben: Kadyrow sorgt in Tschetschenien für Stabilität. Er soll die Islamisten und Separatisten zurückdrängen und sich formal Moskau-treu geben. Das tut er auch, er beschwört seine Treue gegenüber Putin. So kann er machen, was er will. Dazu gehört nicht nur, dass er mit eiserner Hand regieren kann, sondern offenbar auch, dass er seine Gegner selbst im Ausland verfolgen kann.

Das Gespräch führte Susanne Stöckl.

SRF 4 News, 06.07:2020; 10:40 Uhr;

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