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Nach Abzug der US-Truppen Diese Interessen verfolgen die USA und die Türkei

Das Weisse Haus kündigte an, die US-Truppen aus dem umkämpften Nord-Syrien abzuziehen und die kurdischen Verbündeten nicht länger zu unterstützen. Die Türkei droht mit Einmarsch. Warum gerade jetzt – und wie geht es weiter?

Was ist passiert? Rund Tausend US-Soldaten waren zuletzt noch in Nord-Syrien stationiert. Jetzt ziehen sie ab, heute Morgen schon haben die Amerikaner mehrere Stellungen geräumt. Die USA machen so den Weg frei für den Einmarsch des türkischen Militärs. Zurück bleiben die kurdischen Verbündeten.

Warum ziehen die USA eigentlich gerade jetzt ab? US-Präsident Donald Trump ist der Einsatz in Syrien schon seit längerem ein Dorn im Auge. Die Amerikaner sind kriegsmüde. Ein Grossteil der Bevölkerung hat die Rolle des Weltpolizisten satt. Trump hatte schon im Januar angekündigt, er wolle 2000 US-Soldaten aus Syrien abziehen. «Syrien wurde vor langer Zeit verloren», erklärte er damals. «In Syrien geht es nicht um gewaltigen Reichtum. Wir reden über Sand und Tod», sagte Trump. Sein damaliger Verteidigungsminister James Mattis trat aus Protest gegen diese Ankündigung jedoch zurück. Und auch international sorgte Trumps Plan für viel Kritik. Daraufhin verschoben die USA den Abzug.

Doch nun sieht es so aus, als ob Trump seine Drohung wahr macht und die Kurden, die Seite an Seite mit den US-Soldaten gegen den IS gekämpft haben, im Stich lässt. Auf Twitter hält er jedoch dagegen, dass er die Türkei im Auge behalten werde. Dabei droht er mit der Auslöschung der türkischen Wirtschaft, sollten Soldaten in Syrien einmarschieren.

Wieso droht der türkische Staatspräsident mit dem Einmarsch in Nord-Syrien? Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte am Samstag erklärt, ein militärischer Einsatz in Nord-Syrien könne in den kommenden Tagen beginnen.

Die Türkei will schon seit längerem in dem benachbarten Bürgerkriegsland eine sogenannte Sicherheitszone aufbauen und die Kurden von dort verdrängen. Erdogan bezeichnet die kurdische YPG-Miliz als Terroristen. Der syrische Ableger der PKK kämpft für ein autonomes Territorium der Kurden. Erdogan kündigte nun an, er wolle zwei Millionen syrische Flüchtlinge in Nord-Syrien ansiedeln. Die Türkei hat in den vergangenen Jahren rund 3.6 Millionen Syrer aufgenommen. Die Stimmung gegen die Flüchtlinge in der türkische Bevölkerung kippt zunehmend. Grund genug, für Erdogan den starken Mann zu markieren.

Karte von Syrien
Legende: Die USA und die Türkei hatten sich bereits vor Monaten auf die Umsetzung einer sogenannten Sicherheitszone geeinigt. In der Umsetzung vertraten sie aber bisher unterschiedliche Meinungen. SRF

Was erwartet nun die Kurden? Die Kurden haben das Unheil kommen sehen. Am Sonntag demonstrierten sie gegen eine türkische Invasion. Vor einer amerikanischen Basis appellierten sie an den Schutz durch die Internationale Gemeinschaft. Sie fürchten, von den Türken vertrieben zu werden. Der Krieg werde die Kurden zwingen zu fliehen, erklärt ein YPG-Milizionär heute. Die Bevölkerung werde ausgetauscht und es werde viel Zerstörung geben.

Die Kurden kontrollieren derzeit knapp 30 Prozent von Syrien. Mit US-Hilfe hat sich die YPG-Miliz in den vergangenen Monaten auch Richtung Süden und Osten in die ehemalige IS-Hochburg Rakka und darüber hinaus ausbreiten können. Sollten die USA nun abziehen, müssten die Kurden neue Verbündete finden. Syriens Machthaber Baschar al-Assad hatte ihnen schon vor Monaten vorgeschlagen, sich auf ihre Seite zu schlagen. Angesichts der türkischen Bedrohung wird dieses Angebot wieder attraktiver.

Wie geht es weiter? Ob ein türkischer Einmarsch in Nord-Syrien tatsächlich stattfindet, ist derzeit völlig offen. Erdogan kündigte heute an, er wolle im November in Washington mit Trump zusammentreffen. Das Weisse Haus bestätigte dies bislang jedoch nicht.

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