Darum geht es: Nach neuen Eskalationen zwischen Israel und Palästinensern hat US-Aussenminister Antony Blinken bei seinem Besuch im Nahen Osten das Bestreben nach einer Zwei-Staaten-Lösung betont. Diese sei der beste Weg zur Beruhigung der angespannten Lage. Sie beabsichtigt, den Nahostkonflikt durch einen eigenständigen palästinensischen Staat neben Israel zu lösen.
Wie gross ist aktuell die Chance auf eine Zwei-Staaten-Lösung? Blinken wirkt mit dem Vorschlag wie der einsame Rufer in der Wüste. Denn Israels neue ultrarechte Regierung sieht das Westjordanland als israelisches Staatsgebiet. Auf der Gegenseite ist die Zwei-Staaten-Lösung noch immer das offizielle Ziel. Doch der palästinensischen Regierung fehlt die demokratische Legitimation, ernsthafte Verhandlungen zu führen.
«Dieses Land ist inzwischen aufgeteilt wie ein Schweizer Käse. Wir Palästinenser bekommen die Löcher, die Israelis den Käse», sagt Sabri Saydam, Vize-Generalsekretär des Zentralkomitees der palästinensischen Partei Fatah, die das Westjordanland regiert.
Im Gespräch mit der ehemaligen SRF-Nahost-Korrespondentin Susanne Brunner spielt Sabri Saydam damit auf die vielen jüdischen Siedlungen an, die in den letzten 30 Jahren auf dem Gebiet gebaut wurden, welches für einen künftigen Palästinenserstaat vorgesehen war. Da es heute keine einheitliche, zusammenhängende Fläche mehr ist, stehen die Chancen für einen palästinensischen Staat praktisch bei Null, beurteilt Brunner.
Gibt es neue Differenzen, die eine nachhaltige Lösung verunmöglichen? Auf der palästinensischen Seite kam es zu einer Spaltung der zwei grössten Parteien, der Fatah und der Hamas. Die Fatah beharrt offiziell auf der Kooperation mit den Israelis und auf der Rückkehr zu einem Friedensprozess. Die Hamas, welche den Gazastreifen kontrolliert, setzt auf Gewalt als Mittel zur Erreichung palästinensischer Ziele. Solange die Palästinenser gespalten seien, wird es keinen neuen Friedensprozess geben, erklärt Brunner.
Zudem hat sich die Rolle der USA verändert. Früher hätten diese einigermassen glaubwürdig und immer wieder mit Engagement vermittelt. Aber spätestens seit 2018 sei Washington für die palästinensische Seite keine ehrliche Vermittlerin mehr, so Brunner. Der damalige Präsident Donald Trump hatte ganz Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkannt, Joe Biden tut dies weiterhin. Die Palästinenser reklamieren Ost-Jerusalem jedoch für sich.
Was ist künftig zu erwarten?
Zurzeit finden mässigende Stimmen auf beiden Seiten kaum Gehör. Der Friedensprozess ist seit mehr als zwei Jahrzehnten festgefahren. Dadurch steige die Frustration und der Hang zu einer Radikalisierung auf höchster politischer Ebene, sagt Brunner. Es brauche Politiker und Politikerinnen, die ernsthaft neue Wege und eine friedliche Lösung suchen würden. Dies sei aber nicht in Sicht: «Israels Premier Benjamin Netanjahu und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sind beide mehr mit ihrem eigenen Machterhalt beschäftigt als mit der Zukunft ihrer Bevölkerung.»