Vor zwei Monaten putschte sich in Gabun eine Militärregierung an die Macht. Der Langzeitpräsident Ali Bongo wurde abgesetzt. Das Ziel der neuen Regierung ist es, 2025 demokratische Wahlen durchzuführen, wie sie vor kurzem bekannt gab. Und tatsächlich gab es in Afrika schon Putsche, die mittelfristig zu demokratischen Wahlen führten. Unter welchen Umständen dies möglich ist, sagt Konfliktforscherin Simone Schnabel.
SRF News: Was braucht es, damit ein Militärputsch erfolgreich ist?
Simone Schnabel: Das ist stark vom Kontext abhängig. Es braucht auf jeden Fall einen inklusiven Dialog mit den Oppositionsparteien, mit der Zivilgesellschaft – aber auch mit religiösen und traditionellen Autoritäten, die eine wichtige mediative Rolle übernehmen können. Es braucht auch einen klaren Anfang und ein klares Ende, eine möglichst kurze Dauer der Transition. Wir haben in den letzten Jahren gesehen, dass die Transitionen, die auf mehrere Jahre angelegt waren, noch nicht zu einem Regierungswechsel oder zu Wahlen geführt haben. Und natürlich braucht eine Transition auch ein klares Mandat und ein Ziel.
Gibt es Beispiele für «gute» Putsche?
Insbesondere in Westafrika gibt es Putsche, die als Korrektiv gewirkt haben. Beispielsweise ergriff in Burkina Faso 2014 das Militär nach Massenaufständen und monatelangen Protesten gegen die Regierung von Blaise Compaoré die Macht. Danach folgte eine einjährige Transition, die auch von Militärs mitbestimmt wurde. Das hat dazu geführt, dass es nach einem Jahr demokratische Wahlen gab. Tatsächlich waren es die ersten wirklich freien Wahlen in diesem Land. Bis zum Putsch von 2022 ist es so geblieben. Ein weiteres Beispiel ist auch der Putsch in Niger im Jahr 2010. Dort wollte sich der Präsident entgegen der Verfassung eine dritte Amtszeit sichern. Es kam zu einem Putsch und es gab eine recht kurze Transition, die zu Neuwahlen geführt hat.
Doch in beiden Ländern, in denen Putsche zu demokratischen Wahlen geführt haben, wurde in der Zwischenzeit wieder geputscht?
So ist es. Da stellt sich die Frage der Stabilität. Ganz oft ist in Westafrika Stabilität mit autoritären Regimen verbunden, die nur deshalb stabil waren, weil sie viele Vertreter von der Zivilgesellschaft und Opposition unterdrückt haben.
Insgesamt kann man sagen, dass ein Putsch kurzfristig zu einer politischen Instabilität führt
Von daher: Diese Putsche wirkten zwar als Korrektiv, aber sie brachen auch viel auf und es kam zu einer neuen Instabilität, weil es zu Reformen kommt, weil der ganze Staat neu organisiert wird. Insgesamt kann man schon sagen, dass ein Putsch kurzfristig zu einer politischen Instabilität führt. Vieles muss neu definiert und neu verteilt werden.
Was sind die Probleme bei einem Machtwechsel nach einem Putsch?
Natürlich gibt es oft keine demokratische Kontrolle dieser Transitionsregierungen. Es gibt manchmal Instanzen, die zum Beispiel das Parlament übernehmen, aber natürlich nicht mit gewählten Vertreterinnen und Vertretern.
Nach Übernahme der Macht durch Militärs ist die zivile Kontrolle ausgesetzt. Insbesondere in Ländern mit Sicherheitskrisen ist das ein akutes Problem.
Die Transitionsparlamente sind oft von oben bestimmt und das führt – auch dann, wenn zivilgesellschaftliche Akteure vertreten sind – ganz oft zu Problemen, wer wen repräsentiert. Ein weiteres Dilemma bei Militärputschen ist auch die Kontrolle des Militärs selbst. Nach Übernahme der Macht durch Militärs ist die zivile Kontrolle ausgesetzt, insbesondere in Ländern mit Sicherheitskrisen ist das ein akutes Problem. Es kommt dann zu Gewalt gegen Zivilisten und zu Menschenrechtsverletzungen, die nicht juristisch verfolgt werden.
Das Gespräch führte Romana Kayser.