- Der Deutsche Bundestag hat nach jahrelangem Streit eine Wahlrechtsreform beschlossen.
- Das Parlament soll verkleinert und dauerhaft auf 630 Abgeordnete begrenzt werden.
- Christdemokraten und die Linkspartei sehen sich durch die Reform benachteiligt. Sie kündigten jeweils eine Klage vor dem Verfassungsgericht an.
Ein Entwurf der regierenden Ampel-Koalition aus Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen erreichte die erforderliche einfache Mehrheit. 399 Abgeordnete stimmten für die Reform. Wie die stellvertretende Bundestagspräsidentin Aydan Özoguz mitteilte, stimmten 261 Abgeordnete gegen den Gesetzentwurf. 23 Parlamentarier enthielten sich. Während Grüne und FDP geschlossen für die Neuerungen stimmten, gab es bei der SPD zwei Nein-Stimmen und eine Enthaltung.
Christdemokraten (CDU) und die Linkspartei sehen sich durch die Reform benachteiligt. Sie kündigten jeweils eine Klage vor dem Verfassungsgericht an.
Politiker der Opposition warfen den Ampel-Fraktionen in der abschliessenden Debatte zur geplanten Verkleinerung des Bundestages vor, sie hätten sich ein Wahlrecht zum eigenen Machterhalt massgeschneidert. Sebastian Hartmann (SPD) sagte, Ziel des Vorhabens sei «ein einfaches, nachvollziehbares Wahlrecht».
Verzicht auf Überhang- und Ausgleichsmandate
Bei einer Bundestagswahl hat jeder Wähler zwei Stimmen. Mit der Erststimme wählt er einen Abgeordneten in den 299 Wahlkreisen. Über die proportionale Sitzverteilung entscheidet die Zweitstimme. Holt eine Partei in einem Bundesland per Erststimme mehr Sitze als ihr per Zweitstimme zustehen, erhält sie sogenannte Überhangmandate.
Mit der Reform soll der auf 736 Abgeordnete angewachsene Bundestag ab der nächsten Wahl dauerhaft auf 630 Mandate verkleinert werden. Erreicht werden soll die Verkleinerung, indem auf Überhang- und Ausgleichsmandate ganz verzichtet wird. Nach den neuen Regeln könnte es künftig vorkommen, dass ein Bewerber seinen Wahlkreis zwar direkt gewinnt, aber trotzdem nicht in den Bundestag einzieht.
Grundmandatsklausel entfällt
Zudem soll eine strikte Fünf-Prozent-Klausel gelten. Die sogenannte Grundmandatsklausel entfällt. Sie sorgt bisher dafür, dass Parteien auch dann in der Stärke ihres Zweitstimmenergebnisses in den Bundestag einzogen, wenn sie unter fünf Prozent lagen, aber mindestens drei Direktmandate gewannen.
Davon profitierte 2021 die Linkspartei. Wird die Klausel gestrichen, könnte das, je nach Wahlergebnis, künftig auch Konsequenzen für die CSU – die Schwesterpartei der CDU – haben, deren Direktkandidaten in Bayern traditionell die meisten Wahlkreise gewinnen.
Der Deutsche Bundesrat muss sich auch noch mit dem Gesetzentwurf befassen, kann ihn aber nicht aufhalten.