Zum Inhalt springen

Nach jüngsten Raketenests Keine UNO-Reaktion auf die Provokation aus Nordkorea

Die Einigkeit im UNO-Sicherheitsrat beim Thema Nordkorea ist auf einmal dahin. China und Russland haben ihr Veto gegen neuerliche Strafmassnahmen nach den jüngsten Raketentests eingelegt.

Diktator Kim Jong-uns Antwort auf US-Präsident Joe Bidens Asienbesuch diese Woche war eine Salve von Raketen. Darunter möglicherweise auch Nordkoreas grösste Interkontinentalrakete Hwasong-17. Kim bekräftigte damit vor allem, dass er an baldigen Abrüstungsgesprächen nicht interessiert ist.

Eine ganze Serie von UNO-Resolutionen verbieten Pjöngjang sowohl Atom- als auch Raketentests. Linda Thomas-Greenfield, die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, sieht in den jüngsten Abschüssen eine Bedrohung für die ganze Welt.

Moskau und Peking geeint dagegen

Doch neue Sanktionen, die sich vor allem gegen nordkoreanische Hackergruppen, gegen Öl- und gegen Tabaklieferungen (Kim ist Kettenraucher) gerichtet hätten, muss das Regime nicht gewärtigen. Zwar stimmten 13 der 15 Mitglieder im UNO-Sicherheitsrat dafür, doch Peking und Moskau legten ihr Veto ein.

Das Scheitern der jüngsten Resolution ist von grosser Tragweite. Bisher zogen Russen und Chinesen jeweils mit bei den Sanktionen, die Nordkorea von seinem Atombombenprogramm abbringen sollten. Nicht immer enthusiastisch, aber immerhin. Auch bei der Umsetzung zeigten sie bisweilen wenig Verve. Doch diesmal schiessen sie erstmals seit 2006 ganz offen quer.

Ihre Begründung ist, die Strafmassnahmen führten in eine Sackgasse. Sie seien ein primitives Mittel. Unter ihnen leide vor allem die Bevölkerung des Landes. Allerdings wurde beim Sanktionsregime stets darauf geachtet, die Auswirkungen auf das nordkoreanische Volk möglichst gering zu halten. Deshalb sind etwa Lebensmittel- oder Medikamentenlieferungen gar nicht betroffen.

Druckmittel für andere Anliegen

In Tat und Wahrheit geht es China und Russland wohl um etwas anderes. Mit ihrem plötzlichen Veto verschärfen sie in erster Linie ihren Konfrontationskurs gegenüber dem Westen, besonders zu den USA. Der Ukraine-Krieg und die neuerdings offenere amerikanische Unterstützung für Taiwan spielen da hinein. Das Ergebnis dieses Muskelspiels: Der UNO-Sicherheitsrat ist nun auch noch in der Nordkorea-Frage blockiert.

Stellvertretend für viele beklagt Frankreichs UNO-Botschafter Nicolas de Rivière diese Spaltung des einflussreichsten UNO-Organs. Dem Regime in Pjöngjang werde mit dem Nichtstun ein Persilschein ausgestellt. Es werde geradezu ermuntert, nun sehr bald wieder mit Atombombentests anzufangen. Tatsache ist: Die Vorbereitungen dafür laufen bereits.

Fredy Gsteiger

Diplomatischer Korrespondent

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Fredy Gsteiger ist diplomatischer Korrespondent und stellvertretender Chefredaktor bei Radio SRF. Vor seiner Radiotätigkeit war er Auslandredaktor beim «St. Galler Tagblatt», Nahost-Redaktor und Paris-Korrespondent der «Zeit» sowie Chefredaktor der «Weltwoche».

Hier finden Sie weitere Artikel von Fredy Gsteiger und Informationen zu seiner Person.

HeuteMorgen, 27.05.2022, 06:00 Uhr

Meistgelesene Artikel