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Ausschreitungen in Stuttgart: «Die Dinge beim Namen nennen»
Aus Rendez-vous vom 24.06.2020. Bild: Keystone
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Nach Krawallen in Stuttgart Warum der Vergleich zur Kölner Silvesternacht hinkt

CSU-Politiker Michael Kuffer vergleicht den Gewaltausbruch mit der Zäsur von 2016. Doch die Erklärung greift zu kurz.

Der CSU-Bundestagsabgeordnete Michael Kuffer ist empört. Über die hilflose Beschreibung, die brutalen Gewalttäter in Stuttgart kämen aus der Event- und Partyszene: «Wo ich herkomme, haben Mitglieder der Partyszene ein Glas in der Hand und nicht einen Schlagstock. Ich kenne keine Partyszene, die 19 Polizisten verletzt, die halbe Innenstadt verwüstet und dabei ‹Allahu Akbar!› ruft.»

Seine Kritik lässt Erinnerungen an die Silvesternacht 2016 in Köln wach werden, als vor allem nordafrikanische Männer, zum Teil Flüchtlinge, auf der Kölner Domplatte Frauen sexuell attackierten. Köln hat die Stimmungslage in Deutschland in der Flüchtlingskrise komplett kippen lassen. Das war eine Zäsur.

Wenn Sie sich anschauen, was da passiert ist, ist das nicht gerade ein Beispiel für gelungene Integration.
Autor: Michael Kuffer Bundestagsabgeordneter der CSU

Ist Stuttgart vergleichbar mit Köln? «Selbstverständlich weist es Ähnlichkeiten auf», sagt Kuffer. Abgesehen davon, dass es in Stuttgart keine sexuellen Übergriffe gegeben habe.

Kuffer im Bundestag
Legende: Der CSU-Bundestagsabgeordnete Michael Kuffer sagte der Bild-Zeitung: «Sollte es sich bei den Übergriffen auf Polizisten um ein Problem der Desintegration jüngerer, migrantischer Männer handeln, sollte man das beim Namen nennen.» imago images

Am Dienstag gab es in Stuttgart eine Medienkonferenz mit ersten Informationen. Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) erklärte, dass von 25 Festgenommenen zwölf die deutsche Staatsbürgerschaft hätten. «Drei Tatverdächtige sind EU-Bürger: Portugal, Kroatien, Polen. Ein Tatverdächtiger ist vermutlich Lette.» Und weiter: «Neun der Festgenommenen weisen einen Flüchtlingsbezug auf: afghanisch, bosnisch, irakisch und somalisch. Sie sind im Alter zwischen 16 und 22 Jahren.»

Doch Kuffer macht eine andere Rechnung auf: Von den 12 verhafteten Deutschen hätten die meisten einen Migrationshintergrund. Daraus schliesst er: «Wenn Sie sich anschauen, was da passiert ist, ist das nicht gerade ein Beispiel für gelungene Integration.»

Vergleich Stuttgart – Köln hinkt

Das Innenministerium in Baden-Württemberg wiederum kann und will wahrscheinlich auch keine Angaben über den Hintergrund der verhafteten Deutschen machen. Das wäre auch diskriminierend: Es sind deutsche Staatsbürger. Punkt.

Wenn sie aber einen deutschen Pass und gleichzeitig einen Migrationshintergrund haben, dann kamen sie kaum im Zuge der Flüchtlingskrise 2015 nach Deutschland, sondern wurden in Deutschland sozialisiert. In der Regel erhält man nach acht Jahren den deutschen Pass. Schneller geht es, sobald die Eltern eingebürgert werden. Insofern kann man Stuttgart 2020 und Köln 2016 nicht vergleichen.

Mangelnde Integration kann man natürlich kritisieren. An der Medienkonferenz betonte Innenminister Strobl, dass die Verhafteten einschlägig vorbestraft sind: «15 Tatverdächtige sind polizeilich bekannt und wurden bereits zwischen einem und 24 Mal zur Anzeige gebracht.» Und viele schwer betrunken: «Der höchste Wert mit 2.4 Promille wurde bei einem 20-Jährigen gemessen.»

Aufklärung tut Not

Bis auf zwei Frauen waren alles junge Männer. 15 der 25 Verhafteten sind sogar jünger als 18. Laut Medienberichten werden die Sicherheitsprobleme im Stuttgarter Schlossgarten seit zehn Jahren diskutiert. Fazit: Stuttgart ist nicht Köln. Mangelnde Integration ist sicher ein Thema in Deutschland.

Die Erklärung, die brutale Gewalt vom Samstag komme aus einer «Event-und Partyszene», ist ganz bestimmt unbefriedigend. Eine 40-köpfige Ermittlungsgruppe und drei Staatsanwälte arbeiten nun an der Aufklärung. Ministerpräsident Kretschmann (Grüne) kündigte Resultate bis spätestens nach der Sommerpause an. Das ist vielleicht realistisch. Dennoch wünschte man sich raschere und fundierte Antworten.

Video
Aus dem Archiv: Gewaltausbruch gegen die Polizei in Stuttgart
Aus Tagesschau vom 21.06.2020.
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Rendez-vous vom 24.06.2020, 12:30 Uhr

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