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Nach Präsidentschaftswahl Oberstes Gericht in Kenia widersteht allen Druckversuchen

Das waren vielleicht die besten Wahlen Kenias aller Zeiten. Auch wenn es vor drei Wochen noch nicht so aussah. Als der Chef der Wahlkommission das Ergebnis verkünden wollte, flogen Stühle und ein Rednerpult durch die Luft. Einige Politiker wollten die Niederlage ihrer Koalition nicht akzeptieren und wurden handgreiflich.

Der unterlegene Kandidat Raila Odinga sprach von massiver Wahlfälschung. Vier Mitglieder der Wahlkommission verkündeten zudem, es sei in der Kommission zu «undurchsichtigen Machenschaften» gekommen – sie würden den knappen Wahlsieg von William Ruto nicht anerkennen.

Starker Auftritt des Gerichts

Drei Wochen später hat sich der Staub gelegt. Als heute Kenias oberste Richterin Martha Koome das einstimmige Urteil des Gerichts verkündete, blieb von den Anschuldigungen und Betrugsvorwürfen der letzten Wochen kaum etwas übrig. Es war ein starker Auftritt Koomes.

Das Gericht entschied gegen die Koalition des amtierenden Präsidenten Uhuru Kenyatta. Es stellte so seine Unabhängigkeit unter Beweis. Das Gericht übte scharfe Kritik an den Anwälten der Petitionäre: Sie hätten vor Gericht gelogen und gefälschte Dokumente präsentiert, so Koome. Und das Gericht kündigte an, die Wahlkommission, die praktisch auseinandergefallen ist, müsse dringend reformiert werden.

Transparente und friedliche Wahl

Die Wahl lief so transparent und friedlich ab wie vielleicht noch nie in Kenia. Das ostafrikanische Land war einst ein Einparteienstaat, dann eine Diktatur. Erst vor 20 Jahren fanden die ersten relativ demokratischen Wahlen statt. Doch meist wurden die Wahlen von Betrug und Gewalt überschattet.

In diesem Jahr war vieles besser. Die Resultate aller Wahlbüros waren offen zugänglich, die Bevölkerung akzeptierte das Ergebnis umgehend. Nur der Zwist in der Wahlkommission trübt das Bild. Diese muss nun neu aufgestellt werden.

Jetzt sollte sich auch der neue Präsident William Ruto für unabhängige Institutionen einsetzen. Doch Ruto genoss als Vizepräsident bisher nicht den Ruf, abweichende Stimmen zu tolerieren. Kenias Politiker und Politikerinnen agieren am liebsten ungestört und unkontrolliert.

Die Bevölkerung und die Justiz Kenias scheinen bereit für mehr Demokratie und Transparenz. Ob es die Politiker auch sind – das müssen sie erst noch beweisen.

Samuel Burri

Afrika-Korrespondent

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Samuel Burri berichtet seit 2017 für SRF über das Geschehen in Afrika. Er lebt in Nairobi, der Hauptstadt Kenias. Der studierte Historiker war vor seinem Engagement bei SRF als freier Journalist in Ghana und Westafrika tätig.

SRF 4 News, 05.09.2022, 14 Uhr

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