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Nach Supreme-Court-Entscheid «Frauen mit Geld werden immer Zugang zu Abtreibungen haben»

Der Bundesstaat Kentucky hat ein Abtreibungsverbot in Kraft gesetzt – mit schwerwiegenden Konsequenzen, so eine NGO.

Jeden Morgen spielt sich vor der Abtreibungsklinik in Louisville (Kentucky) dieselbe Szene ab: Abtreibungsgegner versuchen abtreibungswillige Frauen einzuschüchtern. Diese müssen zu ihrem Schutz in die Klinik eskortiert werden.

Meg Stern hilft hier seit 20 Jahren: «Die Patientinnen müssen etwas entfernt parkieren und dann ein paar Schritte zu Fuss gehen», so die freiwillige Helferin. «Das macht sie angreifbar für Belästigung oder gar Handgreiflichkeiten. Die Situation wurde zuletzt immer unberechenbarer, bis hin zu Gewalttätigkeiten.»

Zwei Personen mit orangen Westen.
Legende: Frauen, die die Abtreibungsklinik besuchen, müssen zu ihrem Schutz eskortiert werden. SRF

Diese Klinik wird nun aber schliessen müssen. Denn wie zwölf weitere Bundesstaaten auch, nahm Kentucky das Urteil des Obersten Gerichtshofs vorweg und beschloss ein automatisches Verbot von Abtreibungen, sobald das höchste Gericht dies zulassen würde.

Frauen mit Geld werden immer Zugang zu Abtreibung haben. Es wird erneut die ärmeren Bevölkerungsgruppen treffen.
Autor: Jackie McGranahan American Civil Liberties Union Kentucky

«Wir haben eine überwältigende republikanische Mehrheit», so Jackie McGranahan von der Nichtregierungsorganisation American Civil Liberties Union in Kentucky. «Die Gesetze, die durchkommen, sind also äusserst parteiisch.» Jackie McGranahan setzt sich mit ihrer NGO für Persönlichkeitsrechte ein: «Frauen mit Geld oder Frauen, die gut gestellt sind, werden immer Zugang zu Abtreibung haben. Das heisst, es wird erneut die ärmeren Bevölkerungsgruppen treffen.»

Radikale fordern Bestrafung von Abtreibenden

Das von Kentucky verabschiedete Gesetz verbietet Abtreibungen ab der ersten Schwangerschaftswoche, auch bei Vergewaltigung oder Inzest. Ärztinnen oder Hebammen, die Abtreibungen vornehmen, so wie Hannah Petersen, würden sich strafbar machen. «Wenn Abtreibungen vollständig verboten werden, riskieren wir, unsere Zulassung zu verlieren und angeklagt zu werden», so die Hebamme Petersen. «Das bedeutet viele Jahre Gefängnis.» Sie werde keine Abtreibungen mehr durchführen, wenn es illegal sei.

Für Leute wie Pastor Clay Hall aber gehen auch die nun in Kraft tretenden Gesetze noch zu wenig weit: «Die Bibel sagt eindeutig, dass Abtreibung Mord ist. Im neuen Gesetz von Kentucky steht nun jedoch, dass es eine Person gibt, die nicht des Mordes angeklagt werden kann: Das ist die abtreibende Mutter.» Das Ziel von Kentuckys radikalsten Aktivisten ist es, auch Abtreibende als Mörderinnen zu bestrafen.

Abtreibungsverbote in 13 Bundesstaaten

Box aufklappen Box zuklappen

Der Entscheid des Obersten Gerichtshofs, das nationale Recht auf Abtreibung zu kippen, hat konkrete und sehr kurzfristige Auswirkungen: In 26 US-Bundesstaaten werden Prozesse in Gang gesetzt, an deren Ende Abtreibungen drastisch erschwert oder ganz verboten sein werden. In 13 Bundesstaaten gelten Abtreibungsverbote ab sofort – beispielsweise in Kentucky.

Auch am Samstag kam es in der Hauptstadt Washington zu Demonstrationen gegen den Supreme-Court-Entscheid. Mehrere Hundert Menschen versammelten sich vor dem obersten US-Gericht.

Tagesschau, 25.06.2022, 19:30 Uhr ; 

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