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Druck auf Wahlbeamte in den USA steigt
Aus Rendez-vous vom 27.12.2021. Bild: Keystone
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Nach Trumps Wahlniederlage Republikaner blasen zur Jagd auf US-Wahlbeamte

Zwei Drittel der Republikaner glauben, dass die Demokraten die US-Präsidentschaftswahl gestohlen haben. Ihr Zorn entlädt sich gegen Beamte.

Bis heute behauptet Donald Trump ohne Faktenbasis, er habe vor einem Jahr seine Wiederwahl bloss deshalb verloren, weil es zu Wahlbetrug im grossen Stil gekommen sei. Seine Wahlniederlage hat er nie eingestanden.

Diese Lüge vom gestohlenen Wahlsieg hat sich aber auch in der Republikanischen Partei zur Doktrin verfestigt: Wer sie öffentlich infrage stellt, wird ausgegrenzt.

Mann an einer Wahlurne in den USA
Legende: Gut zwei Drittel der Republikaner sind mittlerweile überzeugt, dass Joe Biden nicht ihr rechtmässig gewählter Präsident sei. Keystone

Die Nachrichten, die Claire Woodall seit einem Jahr immer wieder auf ihrem Telefonbeantworter hört, sind unmissverständlich: «Du hast meine Wahlen gefälscht, du verdammtes Dreckstück! Wir werden dich verfolgen und erhängen.»

Der Zorn dieser Menschen über den vermeintlich gestohlenen Wahlsieg entlädt sich bis heute vor allem gegen Beamte, die für die Durchführung von Wahlen zuständig sind. Und das hat gefährliche Folgen.

Systematische Einschüchterung

Claire Woodall ist Direktorin der Wahlkommission von Milwaukee, der grössten Stadt im Bundesstaat Wisconsin, wo Donald Trump die Wahl verloren hatte. Rund 150 Drohungen, per Telefon oder E-Mail, trafen bereits nach den Wahlen ein. Im Sommer folgten Drohbriefe per Post nach Hause.

Das hat ihr zusätzlich Angst eingejagt: «Ich habe zwei kleine Buben – mein Mann und ich fühlten uns zu Hause nicht mehr sicher.» Sicherheitshalber verliess die Familie für knapp zwei Wochen die Stadt.

Claire Woodall
Legende: Erstmals in ihrem Leben liess Claire Woodall zu Hause eine Alarmanlage installieren. In ihrem Büro wurden Überwachungskameras und Panzerglas eingebaut. ZVG

Zutiefst erschüttert hat sie aber auch, dass ihr so viele Menschen – selbst Verwandte – völlig faktenfrei unterstellten, sie würde aus parteipolitischen Motiven lügen und betrügen.

Ab und zu möchte sie am liebsten kündigen. Aber letztlich gehe es bei dieser Kampagne gegen Wahlbeamte ja genau darum, sie zum Rücktritt zu drängen und unparteiische Beamte durch Parteisoldaten zu ersetzen.

Claire Woodall will sich dem Druck nicht beugen und vorläufig noch bleiben. Anders Richard Barron, Wahldirektor des Fulton County in Georgia. Nach 20 Jahren als Wahlbeamter hat er auf Ende Jahr gekündigt.

Trump befeuert Hetze

Die ersten Todesdrohungen erhielt er nach einer Grossveranstaltung Trumps in Georgia, kurz nach dem Wahltag. Trump projizierte Richard Barrons Bild und Namen auf Grossleinwand und bezichtigte ihn des Betrugs.

Dass er in der Folge mit Drohungen und Anschuldigungen überhäuft wurde, dafür macht er aber auch die vielen republikanischen Politiker verantwortlich, die wider besseres Wissen die Lüge Trumps vom Wahlbetrug weiter verbreiteten – nur um beim Ex-Präsidenten nicht in Ungnade zu fallen, oder wie Barron sagt: aus Feigheit.

Richard Barron und Claire Woodall seien keine Einzelfälle, sagt Politologie-Professor David Kimball, Spezialist für die Durchführung von Wahlen. Dass Wahlbeamte überall im Land derart systematisch bedroht und zum Rücktritt gedrängt würden, habe es vor den letzten Wahlen so noch nie gegeben.

Druck auf Wahlbeamte steigt

In einer Umfrage vor einigen Monaten habe ein Fünftel aller Wahlbeamten im Land von Drohungen und politischem Druck berichtet. Und auch wenn nur ein Teil von ihnen deswegen zermürbt das Handtuch werfen würde, könnte dies bereits gefährliche Folgen haben, sorgt sich Kimball.

Frei werdende Stellen würden wohl mit unerfahrenen Personen besetzt, oder mit solchen, die parteiisch seien und gewillt Wahlresultate, zu manipulieren.

Vor einem Jahr hätten viele Wahlbeamte dem Druck des Trump-Lagers noch widerstanden, nachträglich Wahlresultate zu ändern. Politologe Kimball befürchtet aber, dass dies bei den nächsten Wahlen ganz anders sein könnte. Vor allem, wenn es wieder zu einer knappen Entscheidung kommen sollte.

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Aus dem Archiv: Nachzählung in Arizona bestätigt Joe Bidens Sieg
Aus Tagesschau vom 24.09.2021.
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Rendez-vous, 27.12.2021, 12:30 Uhr

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