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Nach über 200 Verletzten Erste Konsequenzen nach Protesten in Georgien

  • Bei Protesten in der georgischen Hauptstadt Tiflis sind rund 240 Menschen verletzt worden. Über 100 von ihnen würden in Krankenhäusern behandelt, so das Gesundheitsministerium.
  • Demonstranten versuchten das Parlamentsgebäude zu stürmen, was ihnen aber nicht gelang.
  • Es kam zu Auseinandersetzungen. Die Polizei setzte Tränengas und Gummischrot ein.

Das Staatsfernsehen zeigte, wie Tausende Menschen vor dem Gebäude standen und Absperrungen der Polizei wegräumten. Dabei kam es zu Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften. Diese setzten Tränengas und Gummischrot ein.

Danach zerstreute sich die Menge, kam aber wieder zurück. Das georgische Innenministerium drohte mit einem harten Durchgreifen der Polizei.

Unter den rund 240 Verletzten sind den Angaben zufolge 80 Polizisten. Zunächst war von weit weniger Verwundeten bei den Protesten vor dem Parlamentsgebäude ausgegangen worden.

Furcht vor wachsenden Einfluss

Die Demonstranten forderten den Rücktritt von Parlamentspräsident Irakli Kobachidse. Auslöser ist der Besuch einer russischen Delegation bei einer Tagung im Plenarsaal. Dabei habe ein Duma-Abgeordneter den Vorsitz der Tagung zu religiösen und politischen Fragen übernommen. Die Demonstranten befürchten deshalb, dass Russland in der Ex-Sowjetrepublik Georgien an Einfluss gewinnen könnte.

Irakli, der angeprangerte Parlamentspräsident, hat in der Zwischenzeit seinen Rücktritt angekündigt. Diese Entscheidung sei «ein Beweis für die hohe Verantwortung unserer Partei» und sei nicht als Zugeständnis an die Opposition zu verstehen, so der Generalsekretär der Regierungspartei.

Die Russlandfrage

Georgien ist in der Russland-Frage tatsächlich ausserordentlich sensibel. «Das Verhältnis zu Russland ist der innenpolitische Zankapfel in Georgien», sagt denn auch SRF-Russland-Korrespondent David Nauer.

2008 führten Georgien und Russland Krieg gegeneinander. Dabei hatte die Südkaukasusrepublik ihre abtrünnigen Gebiete Abchasien und Südossetien endgültig verloren. Russland erkennt beide trotz internationaler Kritik als unabhängige Staaten an, Georgien dagegen nicht. «Seither hält Russland praktisch 20 Prozent des georgischen Staatsgebiets besetzt. Die Opposition will sich damit nicht abfinden», führt Nauer weiter aus.

Opposition zu schwach für Regierungssturz

Die georgische Regierung ihrerseits fährt in dieser Frage hingegen einen milderen Kurs. «Die Opposition hält das für Landesverrat», sagt Nauer.

SRF-Russland-Korrespondent Nauer kann sich aber dennoch nicht vorstellen, dass die Proteste zum Sturz der Regierung in Tiflis führen werden. Dafür sei die Opposition zu schwach. Dennoch verliere die Regierungspartei an Rückhalt. «Der georgische Traum ist für viele nicht wahr geworden. Das Land ist nach wie vor sehr arm», sagt Nauer. Diese Enttäuschung der Regierung gegenüber werde in Zukunft zunehmen und die Regierung gefährden.

Die russische Regierung hat auf die Proteste mit Bedauern reagiert. Es sei eine anti-russische Provokation, so der Sprecher des Präsidenten, Dmitri Peskow. Der Vorgang gebe Anlass zu schwerer Sorge angesichts dessen, dass viele russische Touristen Georgien besuchten.

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