Nach dem Ausscheiden des früheren Brexit-Ministers Dominic Raab bleiben in der konservativen Parlamentsfraktion noch fünf Kandidaten für die Nachfolge von Premierministerin Theresa May übrig. Bis am Donnerstagabend soll der Zweiervorschlag feststehen, der den Parteimitgliedern vorgelegt wird.
Der frühere Bürgermeister von London und frühere Aussenminister Boris Johnson erhielt im zweiten Wahlgang deutlich mehr Stimmen als die beiden nächstplatzierten Kandidaten zusammen. Bisher hatte er sich von öffentlichen Debatten ferngehalten – nun machte er mit.
Johnson warnt vor Vertrauensverlust
Der britische Austritt aus der EU müsse am 31. Oktober stattfinden, ansonsten drohe ein katastrophaler Vertrauensverlust in die Politik, sagte Johnson in der von der BBC übertragenen Debatte. Manche Briten haben dieses Vertrauen nach drei Jahren bereits verloren. Doch Boris Johnson präsentiert sich als Alternative zur Brexit-Partei von Nigel Farage, die die Europawahl gewonnen hatte. Er will raus, auch ohne Vertrag.
Sein Rivale, Landwirtschaftsminister Michael Gove, will ein paar Tage Spielraum lassen, aber auch er will den vertragslosen Zustand riskieren: No Deal. Natürlich stelle das Herausforderungen, aber Grossbritannien sei ein grossartiges Land, das dies bewältigen könne. – Augen zu und durch, so Gove.
Die amtierenden Aussen- und Innenmister, Jeremy Hunt und Sajid Javid – letzterer nur mit einem blauen Auge noch im Rennen – hatten einst gegen den Brexit gestimmt. Nun wollen auch sie ihn durchziehen. Brüssel werde neu verhandeln, sagten sie alle im Widerspruch zu den Verlautbarungen der EU.
Stewart als einzige Alternative
Nur ein Kandidat bietet sich als Alternative an: der ehemalige Diplomat Rory Stewart, seit kurzem Entwicklungshilfeminister. Der einzige Ausweg aus diesem Schlamassel führe durchs Parlament, sagte Stewart. Er suche nach dem Schlüssel, während alle anderen an die Wand starren und bloss schreien würden «wir müssen unserer Heimat vertrauen!»
Da hat er recht. Aber bei der erzkonservativen Basis, den rund 160'000 Mitgliedern der Konservativen Partei, hat dieser nüchterne und unorthodoxe Realismus keine Chancen. Boris Johnson dagegen gilt als deren Liebling.