Wo einst Wohnhäuser standen, liegen heute Trümmer. Wo vorher Bäume und Wiesen waren, blüht heute nichts mehr. Die ARD hat Satellitendaten des Gazastreifens aus der Zeit vor Beginn des Krieges bis Mitte September dieses Jahres verglichen.
Gemäss der Auswertung wurden seit Kriegsbeginn mehr als 70 Prozent der Gebäude in der Küstenenklave beschädigt oder zerstört.
Die Untersuchung wurde von BR Data und dem ARD-Studio Tel Aviv durchgeführt. Sie stützt sich auf Erhebungen des Analyseunternehmens Vertical 52. Dieses wertet Daten von Radarsatelliten aus, die regelmässig die Erdoberfläche aufnehmen.
Dabei wurden seit Ausbruch des Krieges im Oktober 2023 rund 325'000 Gebäude im Gazastreifen erfasst. «Es handelt sich also nicht um Fotos, sondern um Radaraufnahmen», erklärt Julio Segador vom ARD-Studio in Tel Aviv. «Das hat den Vorteil, dass man unabhängig von Wetter und Tageszeit Ergebnisse erhält.»
Seit wenigen Tagen herrscht eine fragile Waffenruhe im Gazastreifen. Tausende Vertriebene kehren in ihre Heimat zurück – oder zu dem, was davon übrig ist.
Mitarbeitende der ARD im Gazastreifen haben mit den Menschen gesprochen. «Sie sagen ganz offen: ‹Ich werde mein Zelt auf den Trümmern meiner einstigen Wohnung oder meines Hauses errichten›», berichtet Segador.
Vor Kriegsbeginn waren auch das Hafenareal und die Strandpromenade von Gaza-Stadt dicht besiedelt. Wo früher Familien flanierten und Freizeiteinrichtungen standen, sei heute nur noch eine Trümmerlandschaft zu sehen, hält der Bericht fest.
Verdorrte und zerstörte Anbauflächen
Nicht nur Wohngebiete und Infrastruktur wurden dem Erdboden gleichgemacht. Zwei Jahre nach Kriegsbeginn sei «jegliches Grün verdorrt oder von der israelischen Kriegsmaschinerie zerstört», sagt Segador.
Aufgrund der Vertreibungen sei es kaum mehr möglich gewesen, Landwirtschaft zu betreiben. Man erkenne anhand des Datenmaterials aber auch Zerstörungen durch Panzer, die über Grünflächen gefahren seien.
Über 55 Millionen Tonnen Trümmer
Auch das UNO-Entwicklungsprogramm UNDP fasst das Ausmass der Zerstörung in Zahlen. Nur schon, um den Zugang für humanitäre Hilfe zu erleichtern, seien 81'000 Tonnen an Trümmern beseitigt worden – ganze 3100 Lastwagenladungen.
Insgesamt rechnet die UNO mit über 55 Millionen Tonnen Schutt, die für den Wiederaufbau beseitigt werden müssen. Darunter auch Raketen und Bomben, die nicht explodiert sind. «Man kann sich kaum ausmalen, wie gefährlich diese Aufräumarbeiten sind», schliesst der ARD-Korrespondent.