Das ist passiert: Israels Armee hat die Führungsspitze der Hamas im Golfstaat Katar angegriffen. Ziel sei unter anderem der höchste Hamas-Führer im Ausland, Chalil al-Haja, gewesen. Hamas-Quellen bestätigten dem katarischen Nachrichtensender Al Jazeera, dass der Angriff auf ihr Verhandlungsteam gezielt habe. Der israelische Fernsehsender Channel 12 berichtete unter Berufung auf israelische Regierungsvertreter, dass US-Präsident Trump dem Angriff vorab zugestimmt habe. In Katar laufen derzeit Gespräche zwischen Israel und der Hamas zur Beendigung des Krieges im Gazastreifen.
Legende:
Rauch steigt nach einem israelischen Angriff in Doha auf. (9.9.2025)
Keystone/ AP UGC
Das ist zu den Opfern bekannt: Die Hamas teilte mit, dass fünf ihrer Mitglieder bei einem israelischen Angriff in Doha getötet worden seien, darunter der Sohn des im Exil lebenden Hamas-Chefs im Gazastreifen, Chalil al-Haja. Jedoch soll keines der Verhandlungsmitglieder getötet worden sein, so die Hamas. Auch der höchste Hamas-Führer al-Haja soll den Angriff überlebt haben, wie ein Hamas-Mitglied gegenüber Al Jazeera erklärte. Der Nachrichtenkanal Al-Arabija hingegen berichtete, dass bei dem Angriff al-Haja getötet worden sei. Das katarische Innenministerium teilte mit, eine Sicherheitskraft sei getötet und mehrere verletzt worden.
Wer ist Chalil al-Haja?
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Al-Haja ist der höchste Hamas-Führer im Ausland, der auch die Hamas-Delegation bei den indirekten Verhandlungen mit Israel um eine Waffenruhe leitet. Al-Haja hält sich die meiste Zeit in Katar auf.
Andere höhere Hamas-Funktionäre im Ausland leben ebenfalls zumeist in Katar oder in der Türkei.
Das sagt Israel zum Angriff: Der Angriff sei eine rein israelische Operation gewesen. Israel habe sie initiiert, ausgeführt und übernehme die volle Verantwortung, teilt das Büro von Ministerpräsident Netanjahu auf der Plattform X mit. In einer gemeinsamen Erklärung Netanjahus mit dem Verteidigungsminister Israel Katz heisst es, Netanjahu habe nach dem tödlichen Anschlag in Jerusalem und einer Attacke auf Soldaten im Gazastreifen die «Ausschaltung der Hamas-Führung» beschlossen. Die Hamas hat sich zum Anschlag in Jerusalem bekannt.
So reagiert Katar: Katar verurteilt den Angriff in Doha als «feige». Dieser habe auf Wohngegenden gezielt, in denen Mitglieder des politischen Büros der Hamas wohnten, erklärte der Sprecher des katarischen Aussenministeriums Madschid al-Ansari. Er sprach von einem «eklatanten Verstoss gegen alle internationalen Rechte und Normen» und einer «ernsthaften Gefahr für die Sicherheit» der Bevölkerung in Katar.
Legende:
Ein beschädigtes Gebäude ist nach einem israelischen Luftangriff in Doha, Katar, zu sehen.
REUTERS/Ibraheem Abu Mustafa
Verhandlungen in Katar: Katar vermittelt zusammen mit Ägypten und den USA im Gaza-Krieg zwischen Israel und der Hamas. Die Verhandlungen um eine Waffenruhe kommen seit Monaten nicht voran. Israels Regierung beabsichtigt unterdessen, die Stadt Gaza militärisch vollständig einzunehmen.
SRF-Nahost-Korrespondenten: «Waffenstillstand nun wohl vom Tisch»
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«Noch ist unklar, ob Hamas-Führungsmitglieder beim israelischen Angriff getötet worden sind – die Quellenlage ist höchst widersprüchlich. Doch mit dem heutigen Angriff sind ein Waffenstillstand in Gaza und eine Geiselfreilassung wohl definitiv vom Tisch. Der katarische TV-Sender Al Jazeera zitiert eine Hamas-Quelle, wonach der israelische Angriff just dann stattfand, als die Hamas-Führung über einen neuen Waffenruhe-Vorschlag der USA beriet.
Katar hat angekündigt, nicht mehr als Vermittler in den seit Monaten stockenden Verhandlungen zwischen der Hamas und Israel zur Verfügung zu stehen. Mit dem Angriff kappt Israel die – bereits bisher nur indirekte – Kommunikation mit der Hamas vollends. Dies, nachdem Israel erst heute Morgen weiter mit einer Grossoffensive auf Gaza-Stadt gedroht und die Menschen dort grossflächig zur Evakuierung aufgefordert hat. Der brutale Krieg in Gaza droht mit neuer Härte weiterzugehen – ohne Grundlage für weitere Verhandlungen.»
Anita Bünter und Jonas Bischoff
Das sagt die USA: US-Präsident Trump bedauert nach Angaben des Weissen Hauses, dass Katar Ort eines israelischen Angriffs auf die islamistische Hamas geworden ist. Der Republikaner betrachte Katar als engen Verbündeten und Freund der USA, teilte das Weisse Haus mit.
Weisses Haus: USA haben Katar informiert
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Nach Angaben des Weissen Hauses wurde die US-Regierung vom US-Militär informiert, dass Israel die islamistische Hamas angreifen werde, die sich «leider» in einem Teil von Doha aufhalte. Trump habe darauf seinen Sondergesandten Steve Witkoff angewiesen, Katar über den anstehenden Angriff zu informieren. Leavitt betonte zugleich, dass die Beseitigung der Hamas, die vom Elend der Menschen in Gaza profitiert habe, ein erstrebenswertes Ziel sei.
Laut Regierungssprecherin Leavitt sprach Trump auch mit Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu und mit Vertretern Katars. Letzteren habe er versichert, dass so etwas auf ihrem Boden nicht wieder vorkommen werde.
So reagieren arabische Staaten: Arabische Staaten, darunter Jordanien, Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate wie auch der Iran haben Israels Angriff verurteilt. Dieser stelle einen eklatanten Verstoss gegen das Völkerrecht dar, sagte der Aussenminister Jordaniens. Saudi-Arabiensprach von einem eklatanten Verstoss gegen die katarische Souveränität. Das Aussenministerium warnte vor den «schwerwiegenden Folgen» anhaltender Angriffe Israels für die Region. Der iranische Aussenamtsspecher erklärte, der Angriff stelle einen «Verstoss gegen die Prinzipien, Ziele und Regeln der Charta der Vereinten Nationen» dar.
UNO, EU und Schweiz kritisieren Israel
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Die Schweiz kritisiert den israelischen Angriff auf Hamas-Funktionäre in Doha und sieht darin «eine klare und inakzeptable Verletzung der Souveränität und territorialen Integrität Katars».
«Wir erinnern daran, dass das Völkerrecht und die Uno-Charta jederzeit respektiert werden müssen», schrieb das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) auf dem Kurznachrichtenkanal X. Der Dialog müsse Vorrang haben; es gebe keine militärische Lösung für den Konflikt im Nahen Osten, hiess es aus dem Departement von Bundesrat Ignazio Cassis.
Die EU erklärt, der Luftangriff Israels auf Hamas-Anführer in Doha breche internationales Recht und verletze die territoriale Integrität Katars. Zudem steige durch den Angriff das Risiko einer weiteren Eskalation der Gewalt in der Region.
Auch UNO-Generalsekretär António Guterres verurteilt den israelischen Angriff in Katar als «eklatante Verletzung der Souveränität und territorialen Integrität» des Golfstaates. Katar spiele eine sehr positive Rolle bei den Bemühungen um einen Waffenstillstand in Gaza und um die Freilassung aller von der Hamas gehaltenen Geiseln, sagt Guterres vor Journalisten. «Alle Parteien müssen auf einen dauerhaften Waffenstillstand hinarbeiten, nicht ihn zerstören.»