In einem Vertriebenenlager am Strand von Gaza-Stadt hat SRF Stimmen eingeholt, um zu erfahren, wie die Menschen, die sich noch in Gaza-Stadt befinden, auf die angekündigte israelische Offensive blicken. Hier leben Palästinenserinnen und Palästinenser, die zu Kriegsbeginn aus dem Norden des Küstenstreifens fliehen mussten. Nun wohnen sie in notdürftig zusammengebauten Zelten.
Die Lebensmittelpreise sind so hoch. Nicht einmal ein Millionär könnte sich das jeden Tag leisten.
Der 50-jährige Na’il erzählt via Sprachnachricht, die Hitze in den Zelten sei unerträglich. «Mittags ist es so heiss, dass du nicht drinnen sitzen kannst. Und wenn du doch im Zelt bist, fühlst du dich, als ob du gebraten wirst.» Ausserdem sei alles voller Insekten. «Das Abwasser fliesst neben den Zelten durch, in denen wir leben», sagt er: «Es fliesst direkt ins Meer. Das Meerwasser ist so verschmutzt, dass wir uns nicht einmal damit waschen können.»
Keine Hygieneprodukte für Frauen
Na’il besitzt eigentlich eine Schneiderei. Er leidet an Bluthochdruck und Diabetes, doch behandeln lassen kann er sich nicht. Weil die medizinische Versorgung nicht funktioniere und es nicht genügend Nahrungsmittel und Wasser gebe, verschlechtert sich sein Gesundheitszustand zusätzlich.
Die 34-jährige Hausfrau Amina leidet besonders darunter, dass es keine Hygieneprodukte wie Binden oder Tampons gibt, und auch keine Windeln für die Kinder. «Das verursacht Krankheiten, etwa Hautprobleme und chronische Entzündungen».
Auch Amina erzählt von der Schwierigkeit, sauberes Trinkwasser zu erhalten, und vom Mangel an Lebensmitteln. Und Na’il sagt: «Wenn es doch einmal Essen auf dem Markt gibt, sind die Preise unvorstellbar hoch. Nicht einmal ein Millionär könnte sich das jeden Tag leisten.»
Die Flucht ist zu teuer
Israel hat angekündigt, es werde die gesamte Bevölkerung der Stadt in den südlichen Gazastreifen zwangsumsiedeln. In den Vororten wird gekämpft und die israelische Luftwaffe fliegt Angriffe.
Auch wenn wir gezwungen werden zu fliehen: Es gibt im Süden gar keinen Platz für alle Leute, die noch im Norden sind.
Nur schon der Gedanke, die Stadt in Richtung Süden zu verlassen, bereite ihr Angst, sagt Amina, trotz der schwierigen Lebensumstände in der Stadt. «Ausserdem fehlt uns das Geld für den Transport. Die Preise sind extrem hoch, weil es kaum Treibstoff gibt.»
Eine Kontaktperson in Gaza erzählt, die Taxifahrt nach Süden koste derzeit mindestens 800 US-Dollar. Für ein Zelt würden 1200 US-Dollar verlangt. Na’il sagt: «Auch wenn wir gezwungen werden zu fliehen: Es gibt im Süden gar keinen Platz für alle Leute, die noch im Norden sind.»
Wir hoffen, dass die Bemühungen der Vermittler um einen Waffenstillstand diesen blutigen Krieg beenden.
Auf Anfrage von SRF schreibt Ocha, das UNO-Büro für humanitäre Angelegenheiten, man habe nach der israelischen Ankündigung der Eroberung Gazas keine Materialien für den Bau von Unterkünften nach Gaza einführen können.
Via Whatsapp sagt Amina, sie hoffe, dass Gott sie vor der Flucht bewahre. «Und dass die Bemühungen der Vermittler um einen Waffenstillstand diesen blutigen Krieg beenden.»