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Nahostexperte zum Gaza-Plan «Die Situation in Gaza ist nach wie vor katastrophal»

Der UNO-Sicherheitsrat hat dem Gaza-Plan von US-Präsident Trump deutlich zugestimmt. Nahostexperte Daniel Gerlach warnt vor verfrühter Euphorie. Er erklärt, warum der Plan noch keinen Frieden bringt und die Hamas nicht über die Zukunft von Gaza entscheiden darf.

Daniel Gerlach

Nahostexperte

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Daniel Gerlach ist einer der führenden deutschen Nahostexperten. Er studierte Geschichte und Orientalistik an den Universitäten Hamburg und Sorbonne. Er ist Mitgründer und Chefredakteur des Nahost-Fachmagazins «Zenith». Sein neuestes Buch heisst: «Die Kunst des Friedens. Eine andere Geschichte des Nahen Ostens» (C.Bertelsmann Verlag).

SRF News: Der UNO-Sicherheitsrat hat dem Gaza-Plan zugestimmt. Ein Durchbruch?

Daniel Gerlach: Es ist eine positive Nachricht, dass Russland und China den Vorschlag nicht blockiert haben. Das zeigt, dass es um die Sache geht. Allerdings habe ich den Eindruck, dass den meisten nicht klar ist, wie genau dieser Waffenstillstand erfolgreich umgesetzt werden soll.

Auf palästinensischer Seite geht man davon aus, dass die Regierung Netanjahu auf die Gelegenheit wartet, diesen Krieg fortzusetzen.

Knackpunkte sind die Entwaffnung der Hamas und der Abzug der israelischen Armee. Sehen Sie da eine Lösung?

Momentan nicht. Die Konfliktparteien vertrauen den internationalen Vermittlern noch nicht ausreichend. Man darf nicht vergessen: Es hat weiterhin Angriffe und Hunderte von Toten gegeben. Die Situation in Gaza ist nach wie vor ziemlich katastrophal. Auf palästinensischer Seite geht man davon aus, dass die Regierung Netanjahu auf die Gelegenheit wartet, diesen Krieg fortzusetzen.

Wer soll den Waffenstillstand überwachen?

Eine ganze Reihe von Ländern hat sich gemeldet. Indonesien ist bereit, ein erhebliches Kontingent zu stellen. Ägypten wird sicher eine Rolle spielen. Es gibt intensive Verhandlungen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten und Saudi-Arabien, die aber noch Vorbehalte haben. Auch die Amerikaner werden eine Rolle spielen müssen. Wichtig ist: Einige Akteure haben klar gesagt, dass sie sich ohne ein Mandat des UNO-Sicherheitsrats nicht beteiligen werden.

Häuser hinter einem Zaun.
Legende: Im Gazastreifen ist laut Nahostexperte Daniel Gerlach noch lange kein Frieden in Sicht. Keystone/ ABIR SULTAN

Die Terrororganisation Hamas lehnt den Plan ab. Scheitert er damit?

Man muss die Hamas in der politischen Logik ein Stück weit aus dem Spiel nehmen. Sie ist in den internationalen Erwägungen kein legitimer Akteur und die beteiligten Staaten akzeptieren sie nicht als politischen Player. Deshalb kann man die Zukunft von Gaza nicht von der Haltung der Hamas abhängig machen.

Der beste Weg ist, den Plan umzusetzen – unabhängig davon, wie sich die Hamas verhält.

Man muss zwischen den offiziellen Erklärungen der Hamas und der Realität unterscheiden. Ich glaube nicht, dass es eine vollständige Entwaffnung geben wird. Zwar wird die Hamas auf stärkere Angriffswaffen wie Raketen verzichten müssen, aber Handfeuerwaffen wird sie nicht vollständig abgeben. Der beste Weg ist, den Plan umzusetzen – unabhängig davon, wie sich die Hamas verhält.

Das ist kein Friedensplan, sondern ein Plan für einen Waffenstillstand zur Stabilisierung des Gazastreifens.

Bedeutet dieser Plan nun Frieden?

Nein. Das ist kein Friedensplan, sondern ein Plan für einen Waffenstillstand zur Stabilisierung des Gazastreifens. Das ist ein entscheidender Unterschied. Von einer palästinensischen Selbstbestimmung und einer friedlichen Koexistenz zweier Völker sind wir sehr weit entfernt. Es ist Augenwischerei zu glauben, dass dies der Weg zum Frieden ist.

Das Gespräch führte David Karasek.

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Tagesgespräch, 18.11.2025, 13 Uhr ; 

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