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Nahostkonflikt Wie ist die Antwort der Hamas auf Trumps Friedensplan zu deuten?

Am späten Freitagabend hat die Hamas auf das Ultimatum von US-Präsident Donald Trump reagiert: Sie sagt Ja zur Freilassung aller Geiseln und dazu, die Verwaltung von Gaza einer Technokratenregierung zu überlassen. Über weitere Punkte möchte die Hamas aber noch verhandeln. Präsident Trump interpretierte diese Antwort als Bereitschaft der Hamas für einen dauerhaften Frieden. Und er forderte die israelische Führung auf, die Angriffe auf Gaza sofort zu stoppen. Die Bedeutung weiss Nahostexperte und Konfliktforscher Jan Busse einzuschätzen.

Jan Busse

Nahost-Forscher

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Jan Busse forscht an der Universität der Bundeswehr in München zu internationaler Politik und Konfliktforschung. Sein regionaler Schwerpunkt liegt auf politischen und gesellschaftlichen Dynamiken des Nahen Ostens und Nordafrika, insbesondere Israel und Palästina.

SRF News: Wie deuten Sie die Antwort der Hamas auf Trumps Friedensplan?

Jan Busse: Die Reaktion der Hamas auf die Friedensinitiative kann man als klassisches «Ja, aber» deuten. Es ist keine vorbehaltlose Zustimmung, sondern es wurden ganz klar auch rote Linien markiert. Das ist aber zu erwarten gewesen, vor allem auch vor dem Hintergrund, dass der ursprüngliche Entwurf dieses Friedensplans auch von Netanjahu noch angepasst werden konnte. Es war also zu erwarten, dass die Hamas da auch noch Vorbehalte hat. Die Frage ist, ob sie überwindbar sind. Ich bin vorsichtig optimistisch und denke, viel hängt am Ende davon ab, ob Trump wirklich bereit ist, langfristig den Druck auf die Konfliktparteien aufrechtzuerhalten.

Das ist ein wesentlicher Fortschritt.

Trump hat die Antwort der Hamas ja nicht als Ausweichmanöver interpretiert. Die Hamas sei bereit für einen dauerhaften Frieden. Hat Trump mit dieser Reaktion die israelische Regierung überrascht?

Ich bin mir sicher, dass Netanjahu davon überrascht worden ist. Ich glaube, er hat insgeheim darauf gehofft, dass zum einen die Hamas womöglich Nein sagen würde oder aber, dass Trump ein nicht ganz klares Ja der Hamas nicht akzeptieren würde. Das ist ein wesentlicher Fortschritt – wenn einem daran gelegen ist, dass tatsächlich die Geiseln freikommen und die Waffen schweigen. Netanjahu hat jetzt auch schon darauf reagiert und angekündigt, dass die Streitkräfte im Gazastreifen offensive Kampfhandlungen einstellen würden. Er hat also im Grunde ganz klar der Haltung der Hamas nachgegeben und gesagt, die Befreiung der Geiseln gehe natürlich nicht, während gekämpft werde.

Waffenstillstand ist für die Hamas eine sehr wichtige Voraussetzung.

Ist eine Waffenruhe wie Trump sie fordert eigentlich eine technische Voraussetzung für die Freilassung der Geiseln?

In der Praxis ist es tatsächlich eine technische Voraussetzung. Denn einige Geiseln oder Leichname von getöteten Geiseln befinden sich in der Gewalt anderer Gruppen. Und die müssen sich natürlich austauschen. Es kann auch sein, dass Leichname überhaupt erst mal aufgefunden werden müssen. Das wäre fast unmöglich zu bewerkstelligen, während dieser Krieg fortgesetzt wird. Ohne einen Waffenstillstand ist aber womöglich auch der Anreiz für die Hamas kleiner, weil ein solcher Waffenstillstand für die Hamas eine sehr wichtige Voraussetzung ist.

Wo sehen Sie weitere Stolpersteine?

Erstens bei der Frage des Rückzugs der israelischen Streitkräfte. Da brauchen wir einen ganz klaren Zeitplan. Ein Problem hier ist, dass der Plan bisher immer noch eine Pufferzone vorsieht, die dauerhaft durch die israelischen Streitkräfte kontrolliert werden soll. Das scheint mir für die Hamas schwer akzeptabel. Und auf der anderen Seite ist natürlich für die israelische Seite die Entwaffnung der Hamas eine wichtige Voraussetzung. Sie ist im Grunde die Voraussetzung für den teilweisen Rückzug der israelischen Streitkräfte. Die Hamas hat aber sehr klargemacht, dass sie diese Entwaffnung eher am Ende eines solchen Rückzugsprozesses sieht.

Das Gespräch führte Matthias Kündig.

Info 3, 4.10.2025, 17 Uhr ; 

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