NPR, das National Public Radio in den USA, ist mit Formaten wie «Tiny Desk» oder «All Things Considered» eine der bekanntesten Medienmarken des Landes.
Doch das öffentlich-rechtliche Radio steht massiv unter Druck. Denn NPR finanziert sich auch über Regierungsgelder – und diese Gelder hat US-Präsident Donald Trump Anfang Mai per Dekret gestrichen. Das sei gefährlich für Amerika, der Schaden immens, warnt Katherine Maher, CEO von NPR.
SRF News: Katherine Maher, welche Folgen hat Trumps Entscheidung?
Katherine Maher: Die Funktionsweise der öffentlichen Medien in den Vereinigten Staaten ist ganz anders als in vielen anderen Ländern. Wir existieren als eine Art öffentlich-private Partnerschaft, was bedeutet, dass wir für jeden Dollar, den die Regierung den öffentlichen Medien zur Verfügung stellt, auch etwa 7 Dollar aus privaten Spenden und Unterstützungen erhalten.
Die Budgets schrumpfen und die Redaktionen müssen schwierige Entscheidungen treffen, worüber sie überhaupt noch berichten.
Aber die Finanzierung der Regierung ist wichtig – vor allem in ländlichen Gemeinden, wo das Publikum kleiner ist und gar nicht so viele Menschen die Möglichkeit haben, zu spenden. Wir bei NPR rechnen damit, dass sich vor allem das Programm für die ländlichen Gemeinden verschlechtert, aber selbst in grösseren Städten könnten wir Lokaljournalisten verlieren. Die Budgets schrumpfen und die Redaktionen müssen schwierige Entscheidungen treffen, worüber sie überhaupt noch berichten.
Hinzu kommt, dass NPR auch eine wichtige Rolle bei der Notversorgung spielt.
Wir unterhalten einen Teil der landesweiten Infrastruktur für den öffentlichen Rundfunk, das präsidiale Warnsystem. Wir sind an der Notfallplanung für fast die Hälfte aller Staaten der USA beteiligt. Wenn etwas passiert, senden wir Notfallwarnungen, egal, ob es sich um extremes Wetter oder eine andere Form von Krise oder Katastrophe handelt.
Wir werden von den Mitgliedern der Gemeinde oft als lebensrettende Ressource beschrieben.
Kürzlich hat ein Hurrikan im Westen North Carolinas gewütet. Die gesamte Gegend hatte während Wochen kaum« Internet, Strom und Wasser. Der örtliche öffentliche Radiosender «Blue Ridge Public Radio» war in den ersten zwei Wochen die einzige Informationsquelle, bevor Handy und Internet wieder funktioniert haben.
Ich glaube auch, dass es wichtig ist, dass wir alle Perspektiven einbeziehen, konservative Perspektiven, liberale Perspektiven, junge Perspektiven, ältere Perspektiven. Das ist ein wichtiger Teil dessen, was den öffentlichen Rundfunk wirklich zu einer öffentlichen Ressource macht.
Wir werden von den Mitgliedern der Gemeinde oft als lebensrettende Ressource beschrieben, nicht nur, was Informationen über Wasser und Lebensmittel angeht, sondern auch, um in einer wirklich schwierigen Zeit als Gemeinschaft in Verbindung zu bleiben.
NPR steht ja nicht nur wegen der Finanzierung unter Druck, sondern auch aufgrund der Inhalte. Selbst die NZZ kritisierte NPR jüngst als zu links, zu liberal, zu «woke». Haben sie ihren journalistischen Fokus verloren?
Jahrelang hat man dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk vorgeworfen, dass er nicht genug vielfältig ist, dass darin zu wenig verschiedene Stimmen vorkommen. Daran haben wir in den letzten zehn Jahren gearbeitet. Wir haben die Vielfalt an Stimmen auf unseren Redaktionen und in unseren Programmen vergrössert.
In der Satzung, mit der wir gegründet wurden, heisst es, dass die öffentlichen Medien den «Nicht-Versorgten und Unter-Versorgten» dienen sollen. Ich glaube aber auch, dass es wichtig ist, dass wir alle Perspektiven einbeziehen, konservative Perspektiven, liberale Perspektiven, junge Perspektiven, ältere Perspektiven. Das ist ein wichtiger Teil dessen, was den öffentlichen Rundfunk wirklich zu einer öffentlichen Ressource macht.
Das Gespräch führte Salvador Atasoy.