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Keine Corona-Impfpflicht in Deutschland
Aus Tagesschau vom 07.04.2022.
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Nein zur Impfpflicht Wie Politik garantiert nicht funktioniert

Am Ende war die Impfpflicht sogar wichtiger als der Krieg in der Ukraine. Kanzler Olaf Scholz holte Aussenministerin Annalena Baerbock vom Nato-Aussenministertreffen in Brüssel nach Berlin, damit auch sie im Bundestag abstimmen konnte. Es ging um jede Stimme. Der Kanzler ahnte schon am frühen Morgen: Es wird nicht reichen. Und rief Baerbock an. Eine Verzweiflungstat.

Die Impfpflicht geriet zur Posse, zur absoluten politischen Pleite. Zum Lehrstück, wie Politik garantiert nicht funktioniert. Sehr viele Politikwissenschafts-Studenten werden sich an diesem 7. April 2022 noch abarbeiten – und die Fehler akribisch aufzählen. Die aus journalistischen Gründen gebotene Eile erfordert es, hier schon mal vorzugreifen.

Fehler Nummer 1: Kanzler Scholz legte keine Gesetzesvorlage der Regierung vor – man war sich nämlich alles andere als einig in der Koalition, es gab schliesslich verschiedene Versprechen aus dem Wahlkampf, die es zumindest nicht zu brechen galt. Stattdessen wurden einzelne Abgeordnete vorgeschickt, um eigene Anträge vorzulegen. Das Chaos war vorprogrammiert, mehrere zum Teil sehr unterschiedliche Vorschläge lagen auf den Tischen der Abgeordneten im Bundestag. Teilweise war die Debatte am Rande der Kontrollierbarkeit.

Fehler Nummer 2: Die Doppel-Botschaften von Gesundheitsminister Karl Lauterbach. Dieser wollte die Isolationspflicht für Corona-Infizierte erst abschaffen – dann kam der Shitstorm – und Lauterbach überlegte es sich anders. Seine Kehrtwende kündigte er aber nicht an einer Medienkonferenz an – sondern so halb schon in der Talkshow von Markus Lanz. Empörte Ministerpräsidenten und Chefinnen von Gesundheitsämtern wurden also im Unterhaltungsfernsehen über einen zentralen Punkt Berliner Regierungshandelns informiert. Nicht gerade förderlich für die Politik des Kabinetts Scholz.

Fehler Nummer 3: Absurde Kompromisse im Vorfeld der Abstimmung. Scholz wollte eine Impfpflicht ab 18 Jahren. Dann kam ein Gegenvorschlag: Impfpflicht ab 50 Jahren. Der «Kompromiss» war dann der Vorschlag, die Impfpflicht für Menschen ab 60 einzuführen. Hier die Übersicht zu halten – und die Logik nicht ganz aus dem Blick zu verlieren – ist gar nicht so einfach. So geriet die Impfpflicht zu einer Lotterie: Wen trifft es, wen nicht? Ernsthaftigkeit sieht anders aus.

Wie gesagt: Die Studierenden der Politikwissenschaften (oder der Logik) werden aus den drei Gründen 300 machen. Am Ende aber wird ein Lehrbeispiel stehen, wie glaubwürdige Politik nicht funktioniert. Für Kanzler Scholz ist das eine herbe Niederlage, für Gesundheitsminister Lauterbach auch. Politische Konsequenzen wird sie wenige bis keine haben.

Denn ab jetzt ist der Krieg in der Ukraine wieder wichtiger als die Impfpflicht. Und die Aussenministerin kann sich weiter um die Nato kümmern, die Waffenlieferungen, das Elend in der Ukraine.

Stefan Reinhart

Stefan Reinhart

Leiter Ausland-Korrespondentinnen und -Korrespondenten

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Stefan Reinhart ist Leiter der Ausland-Korrespondentinnen und -Korrespondenten und Chef vom Dienst im Newsroom Zürich. Zuvor war er Deutschland-Korrespondent für SRF.

Rendez-vous, 7.4.2022, 12:30 Uhr

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