Überraschend war die Ernennung von Cindy McCain nicht. UNO-Chefsprecher Stéphane Dujarric sprach bei der Bekanntgabe von dem «am schlechtesten gehüteten Geheimnis».
Der Chefposten beim Welternährungsprogramm WFP geht jeweils an eine Amerikanerin oder einen Amerikaner. Es ist ein ungeschriebenes Recht, da die USA allein die Hälfte zu dessen von Jahr zu Jahr enorm steigendem Budget beisteuern.
Über einen festen Etat verfügt die Organisation nicht. Sie ist auf freiwillige Zuwendungen angewiesen. Neben den USA sind Deutschland und die EU die grössten Spender. Die Schweiz figuriert mit 110 Millionen auf Platz 18. Zudem empfahl US-Präsident Joe Biden Cindy McCain, die sich wiederum bereit erklärt hatte, zur Verfügung zu stehen, wenn Biden das wünsche.
Von Trump beleidigt
McCain, obschon Republikanerin und Witwe des langjährigen Senators und republikanischen Präsidentschaftskandidaten John McCain, hatte sich bei der Wahl 2020 klar gegen Donald Trump und für Biden ausgesprochen. Der rechnete ihr das hoch an.
Cindy McCain war und ist zutiefst empört, dass Trump ihren 2018 verstorbenen Mann, der für die meisten Amerikaner ein Kriegsheld ist, verhöhnte, weil er im Vietnamkrieg in Gefangenschaft geraten war.
Die 68-jährige Cindy McCain war lange Zeit einfach die Frau an John McCains Seite und stellte eigene Ambitionen zurück. Sie wolle einfach eine gute Ehefrau sein, antwortete sie jeweils auf entsprechende Fragen. Doch zunehmend wurde sie selbst zur öffentlichen Figur: Zunächst wegen ihrer überwundenen Tablettensucht und dann, als sie der Lüge aus der Präsidentschaftskampagne von George W. Bush entschieden entgegentrat, ihre Adoptivtochter Bridget aus Bangladesch sei in Wahrheit John McCains leibliches Kind.
In sozialen Projekten engagiert
Später übernahm sie von ihrem Vater das Präsidium eines Getränkekonzerns. Und sie engagierte sich in sozialen Projekten: im Aufsichtsrat des Hilfswerks Care; bei der Organisation Smile; für die Entminung und die medizinische Versorgung von Kindern und gegen Menschenhandel.
Heute ist sie längst weitaus mehr als die Witwe eines Senators und Protégée des Präsidenten. Sie nimmt auch politisch dezidiert Stellung, etwa für die gleichgeschlechtliche Ehe, die viele Republikaner ablehnen. Und sie betonte neulich im Fernsehsender CBS, ein Mann, nämlich Wladimir Putin, könnte den Krieg in der Ukraine beenden, umfassend und sofort. Dann würde auch die aktuelle humanitäre Krise enden; mit Folgewirkungen weit über die Ukraine hinaus.